16. Januar 2010

Die UN: Teil des Problems, nicht der Lösung

von David Harnasch

Am 10.1. 1920 wurde der Völkerbund gegründet, um künftig den Frieden der Welt zu sichern. 1946, einen Weltkrieg später, wurde er folgerichtig abgeschafft. Die UNO sollte als Nachfolgeorganisation leisten, was der Völkerbund nicht vermochte. Obwohl auch diese Institution vollumfänglich gescheitert ist und ihre komplette Unreformierbarkeit unter Beweis gestellt hat, stehen die Chancen für eine Auflösung schlecht. Deshalb ist die Zeit überreif für eine „Liga der Demokratien“.

Zur Gegenrede: Die UN - Grundlage für eine friedliche Weltgemeinschaft

Der Film „Hotel Ruanda“ erzählt die Geschichte eines symptomatischen Versagens der UN eindrücklich: Noch während 1994 in grade mal hundert Tagen über eine Million Menschen ermordet wurden, zogen die UN-Blauhelme, die eigentlich den Frieden sichern sollten, ab. Ihre Hunde nahmen sie mit, Flüchtlinge hingegen nicht. Wessen Sicherheit den Vereinten Nationen anvertraut ist, der ist todgeweiht. Bestenfalls wird die UNO untätig bleiben, schlimmstenfalls sind ihre Soldaten selbst Täter, wie in Liberia. Hier zwangen Blauhelme achtjährige Mädchen zum Sex im Tausch gegen Nahrungsmittelhilfen. Der Krieg im Ostkongo wird wesentlich durch Coltanexporte finanziert, das Erz wird ausgerechnet mit UN-Hubschraubern ausgeflogen.

Während des Irak-Embargos war es an der UNO, sicherzustellen, dass die Ölexporte des Landes ausschließlich gegen Nahrungsmittel- und Medikamentenhilfe für die Bevölkerung getauscht werden. Unter tatkräftiger Mithilfe korrupter Mitarbeiter des Oil-for-Food-Programms konnte Saddam Hussein seinem geschundenen Volk die atemberaubende Summe von 21 Milliarden Dollar stehlen.

Was haben Angola, Bahrain, Burkina Faso, Kamerun, Dschibuti, der Senegal, die Russische Föderation, Katar, und China gemeinsam – abgesehen davon, dass Schauergeschichten aus diesen Ländern etliche Seiten im Amnesty-International-Jahresbericht füllen? Diese Staaten kümmern sich im Rahmen der UN aufopferungsvoll um die Einhaltung der Menschenrechte. Ägypten stellt gar den stellvertretenden Vorsitzenden der UN-Menschenrechtskommission. Naturgemäß prangert diese Körperschaft angebliche Menschenrechtsverstöße nahezu ausschließlich in einem einzigen Land an: Israel – das bei nüchterner Betrachtung selbst seine erklärten Feinde besser behandelt als z.B. Ägypten die eigenen Bürger.

Tiefer Antisemitismus ist der Institution, der Dutzende arabische Staaten angehören, ebenso inhärent wie eine alle Ebenen durchziehende Korruption, die die Vertreter der Bananenrepubliken und Operettendiktaturen als Mitgift einbringen.

Der eigentliche Skandal ist, dass dieser niemals friedenssichernde, meist nutzlose und oft gefährliche Verein, in dem jeder Diktator, der sein Volk als Geisel hält eine dankbare Bühne findet, hauptsächlich von den USA, Japan, Deutschland, Großbritannien und Frankreich finanziert wird. Dies wären die prädestinierten Gründer einer „Liga der Demokratien“. Hier dürften Staaten Mitglied werden und ihre Interessen formulieren, deren Verfassung eine Gewaltenteilung vorsieht und die mindestens zwei demokratische Regierungswechsel in Folge erlebten. Ein solcher Staatenbund wäre nicht automatisch nützlich. Aber keinesfalls so schädlich wie die Vereinten Nationen.

Ausdruck von http://www.cicero.de/97.php?ress_id= 9&item= 4646

© Cicero 2009

10. Januar 2010

Der Gore Effekt :-)

Gore-Effekt
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Al Gore (2007)

Der Gore-Effekt ist eine nach Al Gore benannte ironische Bezeichnung für unzeitiges Schneewetter oder Kälteeinbrüche in Zusammenhang mit Veranstaltungen und Demonstrationen zu Gefahren der globalen Erwärmung. Der angebliche Effekt breitete sich nach einem passenden Einzelereignis 2004 im Stil einer modernen Sage aus. Listen mit Ereignissen aus aller Welt wurden in den USA auf informellen Websites und Blogs beschrieben und mitunter auch als politisches Kampfmittel benutzt. 2007 wurde der Begriff ins Urban dictionary aufgenommen. Seit 2008 taucht der Begriff vermehrt in der amerikanischen Öffentlichkeit, so in überregionalen Tageszeitungen und politischen Magazinen auf und wird etwa im Zusammenhang mit dem Kälteeinbruch zum Ende der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen angeführt.

Insbesondere dem ehemaligen US-Präsidentschaftskandidaten Al Gore wird dabei in spöttischer Weise nachgesagt, seine Vorträge und Aktivitäten fielen regelmäßig mit entsprechenden Wetterereignissen zusammen oder er löse diese sogar aus.[1] Der Gore-Effekt wird dabei ähnlich wie die Moderne Sage über eine vorgebliche Aussage Gores verwendet, er persönlich habe das Internet erfunden. Kommentatoren und Kritiker, insbesondere auch politische Gegner Gores führen Auflistungen von angeblichen oder tatsächlichen Belegen für den Gore-Effekt an, um Lebensstil und Auftritte des Multimillionärs und Nobelpreisträgers satirisch zu verzeichnen und das weltweite Engagement gegen die Globale Erwärmung ins Lächerliche zu ziehen.
Inhaltsverzeichnis
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* 1 Auftreten
o 1.1 Beispiele
* 2 Hintergrund
* 3 Sonstiges
* 4 Einzelnachweise
* 5 Weblinks

Auftreten [Bearbeiten]

Als erstes Auftreten des Gore-Effekts wird meist sein Redeauftritt bei einer im Januar 2004 veranstalteten Demonstration gegen die globale Erwärmung[2] genannt, die an einem der kältesten Tage in der Geschichte New Yorks stattfand. Auf Seiten der religiösen Rechten werden entsprechende Ereignisse mehr oder minder ernsthaft als Zeichen für ein angeblich mangelndes himmlisches Einverständnis zu den Aktivitäten Gores angeführt. So nahm der konservative Kongressabgeordnete Roy Blunt aus Missouri die damalige Eiseskälte zum Anlass, Gore vorzuwerfen, Mutter Natur wäre mit der Botschaft Gores genauso wenig einverstanden wie er selbst.[3] Ähnlich wurde später James Inhofe zitiert.

Ebenso stellte der im Zusammenhang mit der Hockeyschläger-Kontroverse bekanntgewordene Klimaskeptiker Steve McIntyre in seinem Blog Climateaudit in einem Beitrag unter dem Titel How Al Gore Saved Christmas (Wie Al Gore Weihnachten rettete) am 25. Dezember 2008 einen eher märchenhaft formulierten Bezug zwischen Vortragsreisen von Al Gore ins kanadische Toronto 2006 und 2007 und den danach aufgetretenen stärksten Schneefällen seit 1883 her.[4]
Beispiele [Bearbeiten]

* Senatsanhörungen Gores zur Gesetzgebung zur globalen Erwärmung im März 2006 wurden aufgrund eines Schneesturms abgesagt und im Januar 2009 von einem Eisregen begleitet.[5][6]
* Der australischen Herald Sun zufolge kam der Effekt 2006 in Australien und Neuseeland zum Tragen. Anlässlich einer Vortragsreise Gores Ende 2006 kam es zu ungewöhnlich nasskaltem Wetter in Neuseeland, es schneite im November 2006 im Bundesstaat Victoria (Australien) und eine Demonstration gegen die globale Erwärmung in Sydney musste gegen nasses und stürmisches Wetter ankämpfen.[7]
* Die Extremsportlerinnen Ann Bancroft und Liv Arnesen waren im März 2007 gezwungen, eine Arktisüberquerung, die auf das Problem der globalen Erwärmung und die schmelzenden Polkappen aufmerksam machen sollte, wegen extremer Kälte und Erfrierungen abzubrechen.[8][9]
* Aufgrund heftiger Schneefälle in den USA während der UN-Klimakonferenz auf Bali spekulieren einige Blogger über eine Fernwirkung des Gore-Effekts.[10] Einige Spötter gehen soweit, Gore weitere übernatürliche Fähigkeiten anzudichten bzw. seine manchmal als starr empfundene Rhetorik und Körperhaltung als Hinweis auf eine extraterrestrische Herkunft zu deuten. In dem Zusammenhang wird auch gerne auf Gores Geburt im März 1948, knapp 9 Monate nach dem Roswell-Zwischenfall im Juni 1947 verwiesen.[11]
* Am 22. Oktober 2008 war ein Vortrag von Al Gore an der Harvard University mit einem seit über 125 Jahren lokal nicht mehr beobachteten Temperaturminimum zusammengefallen.[5]
* Die Ende Oktober 2008 stattfindende Marathondebatte des britischen House of Commons zur Klimagesetzgebung war vom ersten Schneefall im Oktober in London seit 1922 begleitet.[5]
* Eine Veranstaltung Al Gores zur globalen Erwärmung in Italien Mitte Dezember 2008 war von Schneefällen nicht nur in Mailand sondern, dort ebenso ungewöhnlich, in Rom, Neapel und Palermo begleitet.
* Ein Besuch von Al Gore in Australien im Juli 2009 bzw. 2006[6] anlässlich der Aktion Safe Climate Australia in Melbourne war mit einem plötzlichen Kälteeinbruch und starken Schneefällen verbunden.[12]
* Eine im März 2009 angesetzte Großdemonstration in Washington gegen die globale Erwärmung fiel mit für die Jahreszeit sehr seltenem Schneefall und dadurch bedingten Verkehrsproblemen zusammen. Die als Rednerin vorgesehene führende demokratische Politikerin Nancy Pelosi musste aufgrund einer Flugverspätung ihre Teilnahme absagen.[6]
* Bereits zum Ende der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 drohte in den USA ein Wintereinbruch und eine turbulente Wetterlage über dem Nordatlantik, in Europa kam dieser etwas später an. Die US-Senatsdelegation wie Präsident Obama selbst reisten nach einer improvisierten Pressekonferenz zu einem angeblichen Durchbruch bei der Konferenz vorzeitig ab. Bei der Ankunft Obamas in den USA kam es zu wetterbedingten Behinderungen, unter anderem musste er aufgrund eines extremen Schneesturms auf den sonst üblichen Transfer per Hubschrauber verzichten.[6][13][14]
* Ein im Dezember 2009 stattgefundenes CNN-Interview mit Gore zur Konferenz in Kopenhagen und den Gefahren der globalen Erwärmung wurde vom konservativen Newsbuster Portal mit dem nachfolgenden Wetterbericht über den Monsterschneesturm in mehreren US-Staaten kontrastiert.[15]
* Eine Scream-In Protestaktion gegen das Scheitern der Konferenz in Kopenhagen an der University of Utah im Dezember 2009 hatte aufgrund des lokalen Schneesturms nur wenig Zulauf. Die Veranstalterin bestätigte die Ironie der Situation und erwähnte, dass es ihr im vergangenen Jahr in Washington nicht besser ergangen sei, hält aber an der Fortsetzung der Proteste fest.[16]

Hintergrund [Bearbeiten]

Laut dem Meteorologen Joseph D’Aleo zeigt der Gore-Effekt die Mängel von kurzfristigen Wettervoraussagen auf.[5] Der Gore-Effekt ist kein ernsthafter Witterungsregelfall, sondern kommt zustande, weil Kritiker und Kommentatoren teils absichtlich, teils unabsichtlich aufgrund selektiver Wahrnehmung aus Vorträgen und Veranstaltungen Gores wie anderer Aktivisten zur globalen Erwärmung einzelne passende Fälle herausgreifen. Ähnlich geartet ist die Medienaufmerksamkeit für Lottogewinne, die trotz extremer Seltenheit der Fälle groß ist. Dabei wird mehr oder minder absichtlich der Denkfehler einer selektiven Betrachtung ex post begangen. Hans-Hermann Dubben und Hans-Peter Beck-Bornholdt veranschaulichten solche Zielscheibenfehler mit einem texanischen Scharfschützen, der grob auf ein Scheunentor schießt und erst danach eine Zielscheibe um die Einschusslöcher malt.[17]

Nach Lisa Miller, der republikanischen Sprecherin des Energie- und Klimaausschusses im amerikanischen Senat sind die entsprechenden Auflistungen durchaus witzig, der Gore-Effekt habe aber keinen politischen Einfluss. Die Sprecherin Gores, Kalee Kreider bestätigt den amüsanten Aspekt, man solle sich aber, ihr zufolge, davon nicht von der Realität des Klimawandels ablenken lassen.[5][6]
Sonstiges [Bearbeiten]

* Synchronizität
* Pauli-Effekt

Einzelnachweise [Bearbeiten]

1. ↑ Kältetote in Peru Unser Kolumnist enthüllt Al Gores persönliche Klimakatastrophe, von Harald Martenstein, Die Zeit, 13. März 2009
2. ↑ Kommentar: The Gore Effect Washington Times, 4. März 2009
3. ↑ Gore decries 'global warming' in bitterly cold NYC Former VP slams Bush as 'moral coward,' says 'W' only concerned about financial contributors, WorldNetDaily Exclusive 15. Januar 2004
4. ↑ How Al Gore Saved Christmas, Climateaudit 25. Dezember 2008
5. ↑ a b c d e Tracking 'The Gore Effect', von Erika Lovely, Politico 25. November 2008
6. ↑ a b c d e The Gore Effect brings snow to New York City, NYDailyNews, Michael Daly, 20. Dezember 2009
7. ↑ Al Gore rains on his party, von Andrew Bolt in The Herald Sun, 17. November 2006 AL GORE flies in to warn about global warming and -- he's done it again! -- Victoria gets snow in November.
8. ↑ Frostbite Ends Bancroft-Arnesen Trek, Patrick Condon, The Washington Post, 12. März 2007
9. ↑ Global warming melting down, J.R. Dunn in American Thinker, 14. März 2007
10. ↑ Global Climate Catastrophe Notes, 16. Dezember 2007, The Al Gore Effect: Theoretical Basis
11. ↑ Nine months after the Roswell Incident, Al Gore was born. It might not be a coincidence, William Langley, UK Telegraph, 28. Mai 2006
12. ↑ 'Gore Effect' strikes as Congressional delegation to leave Copenhagen early to beat snowstorm, 18. Dezember 2009, Tony Hake
13. ↑ The 'Gore Effect' sets in on Copenhagen as heavy snow is forecast, 15. Dezember 2009, Examiner, Tony Hake
14. ↑ Weather 101 - the Al Gore Effect, 12. Dezember 2009, von H. Michael Mogil
15. ↑ Al Gore Warns of Global Warming Doom Seconds Before CNN Reports 'Monster' Winter Storm, von Noel Sheppard, 9. Dezember 2009
16. ↑ Snowstorm squelches climate change protest, von Judy Fahys, in The Salt Lake Tribune, 30. Dezember 2009, Bezug zum Gore Effekt in diversen Blogs so bei Anthony Watts
17. ↑ Hans-Peter Beck-Bornholdt, Hans-Hermann Dubben Mit an Wahrscheinlichkeit grenzender Sicherheit, Logisches Denken und Zufall 2005, Rowohlt, ISBN 3-499-61902-4

Weblinks [Bearbeiten]

* Gore Effect im Urban dictionary
* Typische Auflistung des Gore-Effekts auf einem klimaskeptischen Blog

Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Gore-Effekt“
Kategorien: Klimapolitik | Satire

Frauenrechte, Liebe, Sexualität - Gibt es einen zeitgemäßen Islam Seyran Ates, Hamed Abdel-Samad und Ahmad Milad Karimi zu Gast bei Thea Dorn

Lohnt zu schauen.. interssant.

Kopftuch, Zwangsehe, Ehrenmorde, das bestimmt das Bild des Islam in der westlichen Gesellschaft. Ein Klischee? Aber das ist nur ein extremer Ausdruck einer allgemeineren Frage: Wie hält es der Islam mit den Frauen? Welche Rechte haben sie? Was sagt die Religion zur Emanzipation?

Oder ist der Islam eine Religion zwischen Bart und Schleier? Sind Frauen nur ein Objekt der Begierde, das sich nur bedeckt vor den männlichen Blicken schützen kann?

Jetzt melden sich immer mehr gläubige Frauen zu Wort, die das nicht akzeptieren. Sie fordern Emanzipation, Selbstbestimmung und Religion zugleich. Und sie behaupten, das geht. Aber woher rührt die Unterdrückung der Frauen? Wer ist schuld, der Koran oder die Umstände, unter denen er entstanden ist? Eine schwierige Debatte.
Thea Dorn hat Gäste eingeladen:

Die streitbare Anwältin Seyan Ates, die schon mit ihren letzten Büchern für wichtige Diskussionen gesorgt hat, fordert in ihrer neuen Streitschaft ein anderes Verhältnis des Islam zur Sexualität.

Hamed Abdel-Samad:
Abschied vom Himmel
"Aus dem Leben eines Muslims in Deutschland": eine männliche Emanzipationsgeschichte, eine wahre Odyssee - vom Missbrauch in der Kindheit in Ägypten, der erfahrenen Gewalt, die ihn selbst zum Hass und in die Arme der Muslimbrüder getrieben hat, dann der Aufbruch in den Westen, ein Weg in die Freiheit.

Ahmad Milad Karimi: Eine neue Übersetzung des Koran
Gott ist schön und der Koran vor allem ein Werk der Poesie. Der Islamwissenschaftler Ahmad Milad Karimi hat in knapp vier Jahren einen neuen Koran übersetzt: poetisch, vieldeutig, klangschön.

SWR Mediathek

Westerwelle - jpg eines Aussenministers...

Guido Westerwelle ist seit dem 28. Oktober 2009 Bundesaußenminister und Vizekanzler. Es müssen nicht die klassischen 100 Tage abgewartet werden, um festzustellen, dass sich unerfreuliche Tendenzen in der deutschen Aussenpolitik abzeichnen. Es ist definitiv noch zu früh, die Frage zu beantworten, ob ihre Ursachen in Naivität oder kalkuliertem Opportunismus zu suchen sind. Zweifelsfrei ist aber, dass etwas gehörig schief läuft, wenn die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth Westerwelle attestiert, er habe „vernünftig und mit Weitblick agiert“. Einen zuverlässigeren Kompass dafür, dass genau das Gegenteil richtig ist, hat die deutsche Politik kaum aufzubieten (wenngleich es eine Reihe von Kandidaten gibt, die Madame das Wasser reichen können).

Guido Westerwelle ist ein Politiker mit erheblichen Talenten und beeindruckender Sachkunde. Diese Fähigkeiten bestehen beispielsweise darin, die liberalen Gedanken und Grundsätze von Eigenverantwortung und Leistungsbereitschaft im Rahmen einer demokratischen Gesellschaftsordnung plausibel und überzeugend darzulegen. Seine politischen Stärken liegen im Bereich der Steuer- und Wirtschaftspolitik, beim Abbau von Bürokratie und Überregulierung. Ein Superministerium aus Finanzen und Wirtschaft, in das Westerwelle den kongenialen Friedrich Merz holt, hätte der Bundesrepublik eine Initalzündung versetzen können. Hier hätte Westerwelle sachkundig und souverän agieren können. Und etwas bewegt.

Mit der jetzigen Ämterverteilung präsentiert sich Schwarz-Gelb hingegen als eine mittelmäßige führungslose Truppe, die sich regelmäßig vor den Querschlägern des irrlichternden bayerischen Amokläufers Horst Seehofer wegducken muss.

Als Westerwelle seinem lang gehegten Wunsch nachgab, Aussenminister zu werden, hat er sich für sein Ego, aber gegen seine Talente entschieden. Und auch gegen das Land, dem er im Amt dienen muss. Westerwelle wirkt nicht, als wäre er der Aufgabe gewachsen. Gibt er Erklärungen ab, fehlt ihm jede Authentizität. Er tritt nicht mit Autorität auf, er wirkt unsicher, unerfahren, wie jemand, der Aussenpolitik im Amt lernen muss.

Westerwelles erster kapitaler Fehltritt war sein Eintreten für den Abzug amerikanischer Atomwaffen [2] aus der Bundesrepublik. Albernes Polittheater, Schauspielerei. Die Bestrebungen sind umso abwegiger, als Deutschland in der Tat eine gewichtige Rolle bei der Bekämpfung von Proliferation in Sachen Iran [3] spielen kann und muss. Die Mullahs sind eine (lebens-) gefährliche, amoklaufende Mörderbande und Deutschland ist ihr wichtigster [4] Handelspartner [5]. Hier hätten klare Worte Westerwelles Eindruck gemacht. Stattdessen ein lauwarmer Aufguss von Obamas alberner Prager Rede, über die der französische Staatspräsident Sarkozy zutreffend bemerkte [6]: „Nichts als Rhetorik…heiße Luft. Das war keine Rede über die amerikanische Sicherheitspolitik, sondern ein Exportmodell zur Imageverbesserung“.

Während die Amerikaner nach überlangem Hin und Her [7] ankündigen, 30.000 weitere Soldaten nach Afghanistan zu schicken (die, wenn es nach dem Präsidenten geht, nach Eintreffen sogleich wieder abgezogen [8] werden sollen), stellt sich Westerwelle gegenüber der Mission und den deutschen Bündnisverpflichtungen quer. Der Friedensminister fabuliert etwas von weiterer Polizeiausbildung, mehr Entwicklungshilfe und anderen zivilen Aufbaumaßnahmen, während die Amerikaner mit Spezialkräften in und um Kunduz aufräumen. Blamabel und peinlich. Westerwelle hat die ganz elementaren Erkenntnisse der erfolgreichen Irak-Strategie [9] (Counterinsurgency – COIN [10]) von General Petraeus nicht verstanden. Alle zivilen Maßnahmen sind unnütz ohne Sicherheit für die Bevölkerung. Mit ihr steht und fällt die gesamte Mission. Gerne können die Bundeswehrsoldaten Mädchenschulen anpinseln und Gräben ausheben. Aber vorher muss sich – auch die Bundeswehr – der Taliban „annehmen“. Sich hier zu entziehen, ist gegenüber den Afghanen und den Bündnispartnern und vor der eigenen historischen Verantwortung nicht vertrebar.

Ich glaube allerdings nicht, wie hier und dort gemutmaßt wird, dass diese Haltung von Westerwelle aus Opportunismus aufgrund der Unbeliebtheit des Krieges in Afghanistan eingenommen wurde. Ich habe mich vor einigen Jahren auf dem Geburtstag eines gemeinsamen Bekannten länger mit ihm über den Einsatz in Afghanistan und das Wegducken der Bundesrepublik vor Kampfeinsätzen, die man lieber anderen überliess, unterhalten. Schon damals sah er seine erste Pflicht darin, „die deutschen Soldaten zu beschützen“.

Wie man mit dieser Haltung einen Krieg gewinnen will, blieb unklar.

Bei seinem Besuch in der Türkei hat Westerwelle Staatschef Erdogan relativ deutlich zu verstehen gegeben, dass er für eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU eintrete. Die Türkei ist für den Westen verloren [11]. Einst als Apothese einer zuverlässigen pro-westlichen Demokratie dargestellt, hat die Türkei zwischenzeitlich die westliche Allianz faktisch verlassen und ist Vollmitglied der Achse Iran-Syrien-Hizbollah-Hamas geworden. Die Feindseligkeit gegenüber Israel und die Fürsorglichkeit gegenüber Syrien und der Hamas sind dabei nicht neu. Seit der Machtübernahme von Erdogans AKP findet ein Abdriften in die radikale islamische Welt statt. Im Februar 2006 empfing [12] der Anti [13]-Semit [14] Erdogan [15] als erster Staatschef die Führer der Terrororganisation Hamas im Rahmen eines offiziellen Staatsbesuchs. Die Türkei schmuggelte [16] im gleichen Jahr iranische Waffen an die Hisbollah, die sich im Krieg mit Israel befand. Während Israels Krieg gegen die Hamas im Gaza-Streifen schlug sich die Türkei auf die Seite der Terroristen und fordete den Ausschluß [17] Israels aus der UNO. Die Türkei unterstützt das iranische Atomwaffenprogramm, lässt al Qaida-Finanziers unbehelligt wirken und kooperiert militärisch [18] mit Syrien. Der militante Islam ist in der Türkei seit langem, von der AKP unterstützt, auf dem Vormarsch (im Militär, in der Wirtschaft, in den Gerichten [19] und den Medien [20]).

Die Türkei ist für den Westen verloren und hat in der EU keinen Platz.

Viele Fehler in 74 Tagen. Das Westerwelle seine Positionen korrigiert, glaube ich nicht.

© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2010

31. Dezember 2009

nichts neues unter der sonne

„...die Niedergeschlagenheit und die Furcht vor einer schrecklichen Drangsal, die als Strafgericht über die Stadt heraufziehe, waren fast allgemein… Die Angst der Leute wurde weiterhin auffallend durch den Irrglauben der Zeit gefördert, der, aus Gründen, für die ich keine Erklärung habe, das Volk, ich glaube mehr als jemals zuvor und jemals danach, in den Bann von Prophezeiungen, astrologischen Horoskopen, Traumauslegungen und Altweibergeschichen zog. Ob dieser unselige Geisteszustand ursprünglich durch den Unfug gewisser Leute, die damit Geld verdienten, hervorgerufen wurde (das heißt, sie gaben Vorhersagen und Zukunftsprognosen in Druck), weiß ich nicht; aber sicher ist, dass die Bücher einen gewaltigen Schrecken verbreiteten...“

Daniel Defoe, „Die Pest zu London“, 1722

4. Dezember 2009

Understanding the Surge from ISW on Vimeo.

Obamas Afghanistan-Rede offenbart präsidiale Konfusion

Obamas Afghanistan-Rede offenbart präsidiale Konfusion

Wenn Barack Obama als Oberbefehlshaber auftritt, als Commander-in-Chief, ist das stets surreal. Der Präsident ist fehl am Platze, wirkt gezwungen, gequält. Ein Mangel an Glaubwürdigkeit und Authentizität wird offenbar, wenn er geschmeidig seine talking points abarbeitet. Die lange überfällige Rede („The Way Forward in Afghanistan [1]“) zur Strategie in Afghanistan wurde in Westpoint kühl aufgenommen. Sie beendete monatelanges Zögern und Zaudern [2] in einer Zeit, in der Nato-Soldaten in Afghanistan ihr Leben riskierten und auf ein klares Bekenntnis, eine klare Entscheidung aus Washington warteten.

Die jetzt beschlosse Aufstockung um 30.000 Soldaten ist richtig. Die ganze Absurdität des Lavierens des Präsidenten zwischen offensichtlicher militärischer Notwendigkeit und der Beglückung seiner linken Anti-Kriegs-Basis wird jedoch in zwei aufeinanderfolgenden Sätzen der Rede deutlich. Man kann diese Sätze als präventive Kapitulationserklärung lesen oder als zynisches Machtkalkül.

„Als Oberbefehlshaber habe ich beschlossen, dass es in unserem vitalen nationalen Interesse ist, 30.000 weitere Soldaten nach Afghanistan zu schicken. Nach 18 Monaten werden unsere Truppen nach Hause kommen.“

Ich schicke Soldaten, ziehe sie aber sofort wieder ab. Da spricht der ausgebuffte Militärstratege.

Die Nennung eines Abzugsdatums, kaum das die Truppen im Einsatz sind, ist ein Fehler. Die angekündigte Vorgehensweise ist widersprüchlich, unlogisch. Ob Obama wirklich glaubt, dass die zusätzlichen Soldaten in dem jetzt acht Jahre währenden Konflikt innerhalb weniger Monate ein erfolgreiches Ende herbeiführen können und ein verantwortlicher Abzug beginnen kann oder ob er zynisch „politics“ spielt, um seiner Anti-Kriegs-Basis ein paar Brocken hinwerfen zu können, bleibt offen.

Welche Botschaft kommt bei den Taliban an, bei den Verbündeten, bei den Truppen und der Karzai-Regierung ? Das Militär nimmt Obama nicht ab, dass er voll hinter der Mission steht, so wie Bush hinter der surge im Irak 2007. Bereits damals lag Obama mit seiner Einschätzung, die Aufstockung der Truppen werde im Irak nichts bewirken, spektakulär falsch.

Obama lobt zwar die Armee für den Erfolg im Irak. Statt aber Achtung für die historische Entscheidung des 43. Präsidenten zu bekunden, die Truppen aufzustocken, nutzte Obama jede sich bietende Gelegenheit, seinen Amtsvorgänger zu diffamieren. Warum meint er das nötig zu haben ?

Die Taliban wissen jetzt, worauf sie sich einzurichten haben. Anderthalb Jahre abtauchen und dann zum Sturm auf Kabul rüsten. Warum jetzt kämpfen, wenn der Feind auf Sicht abzieht ? Die europäischen Alliierten werden vor diesem Hintergrund alles daran setzen, sich ihren Bündnispflichten auch weiter zu entziehen. Pakistan wird sich auf eine mögliche Machtübernahme der Taliban in zwei bis drei Jahren einrichten. Die Karzai-Regierung ihre Schäfchen ins Trockene bringen und auf gepackten Koffern sitzen.

Werden junge Afghanen zur Armee gehen und ihr Leben riskieren um an die Stelle der Nato-Soldaten zu treten, wenn die USA ankündigen, dass sie ab Juli 2011 mit dem Abzug beginnen und eine nicht ausreichend aufgestockte Truppe sich selbst und einem Feind überlassen, dem sie – noch – nicht gewachsen ist ? Männer mit Verstand werden einen Teufel tun.

Das nicht von den Bedingungen vor Ort abhängige Abzugsdatum demoralisiert die afghanischen Partner und ermutigt die Taliban und al Qaida.

Als Obama in seiner Rede Pakistan ansprach, kam erneut die Frage auf, in welcher Welt der Präsident eigentlich lebt:

„Wir sind der Partnerschaft mit Pakistan verpflichtet, die auf gemeinsamen Interessen, wechselseitigem Respekt und beiderseitigem Vertrauen beruht“.

Kein Wort davon ist wahr !

Afghanistan ist jetzt Obamas Krieg.

Demnächst wird Amerika 100.000 Soldaten im Einsatz haben. Die Hälfte davon hat Obama entsandt. Wenn 2010 die nächsten Kongreßwahlen anstehen, kann er sich nicht mehr hinter George W. Bush verstecken.

Obama verwendete mehr Zeit darauf, Bush zu kritisieren als die Taliban. Typischerweise folgt dies in der Regel unmittelbar auf das Beschwören der Überparteilichkeit. Ein Prinzip, das immer durchsichtiger wird und zu den sinkenden Sympathiewerten Obamas beiträgt.

Die Rede war ein Fiasko. Kein Wort über die Greueltaten der Taliban und von al Qaida. Kein einziges Mal fiel das Wort „Sieg“, kein einziges Mal die Ankündigung, man werde die Taliban bekämpfen und vernichten, wie ihm das noch in der Amtsantrittsrede gelang (“And for those who seek to advance their aims by inducing terror and slaughtering innocents, we say to you now that, ‘Our spirit is stronger and cannot be broken. You cannot outlast us, and we will defeat you.’”).

Obama: Empty Suit in the White House

Wenn es Ernst wird, ist die Luft raus aus dem Mann, den der englische Spectator kürzlich als “empty suit” auf sein Cover nahm.

Stattdessen macht sich der Präsident, der Billionen für die Verstaatlichung der Banken und der Autoindustrie verwendet, der weitere Billionen für die Reform der Krankenversicherung plant Gedanken um $ 30 Milliarden weitere Kosten für den Krieg in Afghanistan. Nur ein Kopfschütteln blieb, als der fade Applaus verklang.

Und die Rede enthält noch ein paar weitere Leckerbissen:

„Daher habe ich es zu einer zentralen Säule meiner Aussenpolitik gemacht, atomare Waffen vor Terroristen sicherzustellen; die Verbreitung von Atomwaffen zu stoppen“.

Grotesk. Siehe Iran.

„Ich habe dieses Jahr damit verbracht, unsere Allianzen zu erneuern.“

Fragen wir einmal Gordon Brown oder besser noch Israel, Tschechien und Polen. Vielleicht meint Obama aber auch nur seine seifigen Ergebenheitsadressen [4] an die muslimische Welt oder den Diener vor dem saudischen Könige oder dem japanischen Kaiser ?

„Wir müssen es jedem Mann, jeder Frau und jedem Kind überall auf der Welt, die unter der dunkeln Wolke der Tyrannei leben, klar machen, dass Amerika im Namen ihrer Menschenrechte die Stimme erheben wird, dem Lichte der Freiheit, der Gerechtigkeit, der Chancen zugewandt und voller Respekt für die Würde aller Völker“.

Den Dalai Lama ausladen, Präsident Clinton zum Fototermin nach Nordkorea schicken und dem Gemetzel in den Strassen Teherans eine Woche sprachlos zusehen qualifiziert nicht gerade für diese abgedroschenen und aus dem Munde Obamas völlig unglaubwürdigen Phrasen.

Jemand sagte kürzlich, Obama wisse nicht, wie man Präsident sei. Ich denke, er hat dafür spätestens am Dienstag in Westpoint den Beweis angetreten.

© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2009