5. November 2009

Schach mit einem Affen?

von Steinhöfels Seite


Der 4. November wird jedes Jahr in Teheran gefeiert. Im Jahre 2009 zum 30. Mal: Die Stürmung der US-Botschaft und die folgende, 444 Tage andauernde Geiselnahme von 52 US-Diplomaten. Die amerikanische Reaktion schien Ayatollah Khomeinis Einschätzung zu bestätigen, wonach die USA machtlos gegen den Iran wären („America can’t do a damn thing against us“, Seite 105, Reading Lolita in Tehran : A Memoir in Books von Azar Nafisi).

Was damals seinen Anfang nahm und bis heute – ununterbrochen – Bestand hat, war das Leitmotiv amerikanischer Aussenpolitik gegenüber dem Iran. Die Suche nach „moderaten“ Mullahs. Das Bestreben, einen großen diplomatischen Handel mit ihnen einzugehen. Die Stürmung der Botschaft war die erste Kriegshandlung des theokratischen Irans gegen die USA. Sie steht am Anfang einer langen Reihe gleicher Verbrechen. Dem Mord an iranischen Diplomaten und Militärpersonen in Europa und Nordafrika. An US-Soldaten im Libanon, im Irak und in Afghanistan. Attentate in Afrika, im Nahen Osten, in Saudi-Arabien. Iran trainiert, finanziert und steuert Terrororganisationen, deren Kader Zehntausende zählen. Die Fakten sind bekannt, an der diplomatischen Ausrichtung des Westens haben sie nichts geändert.

„Wir beten nicht den Iran an. Wir beten zu Allah. Patriotismus ist ein anderer Name für Heidentum. Ich sage Euch: Lasst dieses Land (Iran) brennen. Ich sage Euch: Lass dieses Land in Rauch aufgehen, vorausgesetzt der Islam triumphiert im Rest der Welt.“ Ayatollah Khomeini 1979

Es ist ein Fehler anzunehmen, die Mullahs würden wie die Führer herkömmlicher Nationalstaaten denken. Sie sind religiöse Eiferer, die auch um den Preis des Untergangs der Welt die Rückkehr des 12. Imam herbeisehnen.

Um die vor 30 Jahren gekidnappten Geiseln zu befreien, willigte der damalige US-Präsident Jimmy Carter in eine Reihe von demütigenden Konzessionen ein. Am vorletzten Tag seiner Amtszeit unterzeichnete er die „Executive Order“ 12283, durch die rechtliche Schritte gegen die Islamische Republik Iran wegen der Stürmung der Botschaft, des verursachten Schadens und der Misshandlung und psychischen Folter der Gefangenen ausgeschlossen wurden.

Carters Versagen wird durch eine Begebenheit aus dem Jahre 1979 besonders anschaulich. Um die durch die Revolution im Iran zutiefst verunsicherten Saudis zu beruhigen, sandte Carter eine Staffel von Kampfflugzeugen. Um die Mullahs nicht aufzubringen, waren die Flugzeuge unbewaffnet. Die Saudis waren angewidert, die Mullahs zogen ihre eigenen Schlüsse über amerikanische Entschlossenheit.

Ronald Reagan wird heute weitestgehend als erfolgreicher Hardliner betrachtet. Er führte den Fall des Sowjetimperiums herbei, er ordnete die Bombadierung von Libyen nach dem Attentat auf die Berliner Diskothek „LaBelle“ an und genehmigte die spektakuläre Operation von Spezialkräften zur Festnahme der palästinenischen Terroristen, die auf dem Kreuzfahrtschiff „Achille Lauro“ den behinderten amerikanischen Staatsbürger Leon Klinghoffer ermordeten.

Gegenüber dem Iran war von dieser Härte nichts zu spüren. Die Iran-Contra-Affäre war ein Tiefpunkt der Präsidentschaft Reagans. Der Abzug der US-Truppen aus dem Libanon im Jahre 1983 ein anderer. Er folgte auf den durch den Iran gesteuerten und von der Hisbollah ausgeführten Terroranschlag auf die Baracken der Marines, bei dem 241 US-Soldaten ums Leben kamen. Auch diese Zögerlichkeit ist den Mullahs nicht verborgen geblieben.

Während der Clinton-Regierung wiederholten sich sämtliche Versatzstücke dieser Diplomatie. Der Glaube daran, es gebe moderate Kleriker und die Hoffnung auf den großen diplomatischen Deal. Dies war umso erstaunlicher, als die Politik Clintons ursprünglich entschlossen gegen die Mullahs gerichtet schien.

Während der Legislatur von Bush 41. wurden die USA der drittgrößte Markt für iranisches Rohöl und im dritten Jahr der Clinton-Regentschaft war Amerika Irans drittgrößter Handelspartner. Keine besonders überzeugende Ausgangsposition, um die Europäer dazu zu bewegen, ernsthafte Sanktionen zu befürworten. In einem politischen Winkelzug, der der Iran-Contra-Affäre in nichts nachstand, genehmigte Clinton während der Jugoslawien-Krise die Lieferung von Waffen durch den Iran an die bosnischen Moslems. Kaum war diese Genehmigung erteilt – diplomatisch verklausuliert; der damalige US-Gesandte Peter Galbraith lies die Kroaten, über die die Waffenlieferungen erfolgten, wissen, er habe diesbezüglich „keine Anweisungen“ –, fielen die Iraner in Bosnien ein, die Revolutionären Garden organisierten die Waffenlieferungen und deren Offiziere unterwanderten die bosnische Armee. Iranische Agenten überall, Aufbau von Wohltätigkeitsorganisationen als Deckung für Terrorkader und khomeniistische Indoktrinationsschulen. In dem Abschlußbericht des Ausschusses des US-Repräsentantenhauses zur Untersuchung der Rolle der Vereinigten Staaten bei Waffenlieferungen an Kroatien und Bosnien heißt es:

„Der iranische Geheimdienst (VEVAK) stürmte in die Region, bildete geheimdienstliche Netzwerke, Systeme zur Unterstützung von Terroristen, rekrutierte ‚Schläfer’…..Die Iraner annektierten große Teile des bosnischen Sicherheitsapparates…bis hin zur gemeinsamen Planung terroristischer Aktivitäten…“.

Teile der bosnischen Regierung unterstützten diverse Al Qaida-Terroristen. Bin Laden erhielt 1993 von der bosnischen Botschaft in Wien einen Pass, Mohammed Atta trainierte in Bosnien, von wo aus er nach Hamburg ging.

Am 25. Juni 1996 ermordeten Terroristen des saudischen Zweigs der Hisbollah in Dharan (Khobar Towers), Saudi-Arabien, neunzehn amerikanische Militärangehörige. Hunderte weitere Amerikaner wurden verletzt, eine nach wie vor unbekannte Zahl saudischer Zivilisten wurde getötet oder verstümmelt. Die Terroristen agierten unter direkter Leitung Teherans, sie wurden zuvor von den Revolutionären Garden im Libanon trainiert.

Im März 2000 entschuldigte sich Clintons Aussenministerin Madeleine Albright bei den Mullahs für angebliche amerikanische Sünden: Die Mithilfe beim Coup gegen Mossadegh, die Unterstützung des Shahs und des Irak im Krieg gegen den Iran.

Die Geschichte liefert kein Beispiel dafür, dass sich ein als revolutionär erachtendes Regime jemals freiwillig und erfolgreich gemässigt hätte. Dafür ist dessen Fall erforderlich. Bill Clinton, wie alle Präsidenten vor ihm seit Jimmy Carter, hat die nötigen Schritte niemals ernsthaft in Erwägung gezogen.

Bei George W. Bush stimmte zumindest die Rhetorik. Aber trotz seiner Reden fehlte es bis zum Ende der zweiten Legislatur an einer kohärenten Iran-Politik. Bush hatte – insoweit - intern eine formidable Opposition: Colin Powell, Richard Armitage, Condoleezza Rice, CIA-Chef George Tenet, ein Überbleibsel der Clinton-Administration.

Gründe für ein konsequenteres und strategisch klareres Vorgehen gegen den Iran gab es genug. 9/11 und die in der Folge entwickelte Bush-Doktrin, die u.a. neben dem Willen zur Pre-Emption die Unterscheidung zwischen Terroristen und ihren Unterstützern eliminiert. Das Streben der Mullahs nach Massenvernichtungswaffen. Und das Vorgehen des Iran im Irak und Afghanistan.

Mitglieder der Revolutionären Garden operierten im Irak, brachten US-Soldaten um und lieferten – im Iran produzierte – roadside bombs und die noch gefährlicheren EFPs , denen eine Vielzahl von US-Soldaten zum Opfer fielen. Vergleichbar operierte der Iran in Afghanistan.

Eine Reaktion der Bush-Administration blieb aus.

Die diplomatischen Aktivitäten hinsichtlich des iranischen Atomprogramms überließ man zunächst den EU3 (Deutschland, Frankreich, England) und deren Aussenministern Fischer, Straw und de Villepin (von Colin Powell als „Die drei Tenöre“ verspottet).

Deren Aktivitäten sind mit selbstherrlich, unkoordiniert, naiv, charakterlos und gefährlich schmeichelhaft umschrieben. Die Herren Aussenminister wollten den Vereinigten Staaten in der Folge des Irak-Kriegs demonstrieren, dass sie die Proliferation von Massenvernichtungswaffen besser und ohne den Einsatz von Gewalt verhindern könnten. Die schier endlosen Verhandlungen mit dem Iran, durch groteske Briefwechsel (die Schreiben der EU3 wirken wie Bittschriften) und vor der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA), basierten auf der Hoffnung der EU3, den Iran zur Unterbrechnung der Anreicherung von Uran bewegen zu können und diesen Stillstand für Verhandlungen zu nutzen. Für dreieinhalb Jahre gab dies dem Iran genau das, was er wollte. Zeit, um mit russischer Hilfe die technischen Schwierigkeiten bei der Anreicherung von Uran zu meistern. Die Verhandlungen brachten nichts, abgesehen von der zunehmenden Gefahr durch ein weit fortgeschrittenes Nuklearwaffenprogramm. Sie waren ein klassisches Beispiel für Diplomatie, die auf nichts als heißer Luft beruhte. Sie kreierte die Illusion von Sicherheit, während sie sie tatsächlich unterminierte.

Traurig, dass es Deutschland war, das gegenüber dem Iran sogar noch weniger Rückgrat bewies als England und Frankreich. Das chaotische und peinliche Bild, dass die Verhandlungsführer der EU3 in Sachen Iran (Sawers, Michael Schäfer und de Laboulaye, Powell: „Die drei kleinen Tenöre“) beim G8-Treffen am 15. Oktober 2004 abgaben, als sie sich auf die Frage, was die EU unter „Einstellung der Anreicherung von Uran“ verstehe, verwirrt ins Wort fielen und widersprachen, dürfte einer der Tiefpunkte europäischer Diplomatie gewesen sein (oder auch nicht).

Während dieser Verhandlungen brach der Iran die Siegel der IAEA an den Zentrifugen, unterbrach die Urananreicherung faktisch gar nicht und gab – fortwährend – Erklärungen ab wie die des stellvertretenden Verhandlungsführers Hossein Mousavian:

„Die Europäer wollen die Beendigung der Urananreicherung. Aber dies wird nie passieren“.

Derartige Erklärungen ziehen sich – bis heute – wie ein roter Faden durch die öffentlichen Verlautbarungen des Regimes. Die einzige Reaktion der EU3 war es, ihre Anforderungen noch weiter zu verwässern, noch größere Versprechungen zu machen und schlicht und einfach nicht zu erkennen, das „Nein“ eine negative Antwort ist.

Die naive Aussenpolitik der aktuellen US-Administration fügt sich nahtlos in die der vergangenen dreissig Jahre ein. Sie wirkt wie ein schales Aufwärmen der kläglichen Versuche von Jimmy Carter, mit einem, erst recht nach den „Wahlen“ vom Juni, völlig deligitimierten Regime ins Geschäft zu kommen, zu dessen wesentlichen Glaubenssätzen der Ruf „Death to America“ gehört.

Die neue US-Regierung hat nichts erreicht. Ihr Ziel bei den aktuellen Verhandlungen war es, Iran zur Zustimmung zu bewegen, die Anreicherung seines Urans im Ausland stattfinden zu lassen und die gebrauchten Brennstäbe sofort ausser Landes zu bringen. Dahinter steht der Gedanke, die Menge des im Iran befindlichen Urans ständig auf einem so geringen Niveau zu halten, dass zu keinem Zeitpunkt genügend spaltbares Material für eine Bombe dort verbleibt und somit Zeit für weitere Verhandlungen gewonnen wird. Ein Plan, der keineswegs neu ist, sondern von den Israelis im Januar 2002 erstmals gegenüber den USA ins Gespräch gebracht wurde.

Den Mullahs war es aber offenkundig nicht ausreichend, dass die USA mit dieser Verhandlungsstrategie gleich vier bindende Resolutionen des UN-Sicherheitsrates, die dem Iran die Anreicherung von Uran untersagten, ignorierten. Und es erschien ihnen auch nicht ausreichend, dass Russland und Frankreich mit dem Segen der Amerikaner das schwach angereicherte Uran bis auf 19,75 % anreichern würden, eine Haaresbreite unter der waffenfähigen Grenze von 20 %.

Die Mullahs wollen vielmehr ihr gesamtes, leicht angereichertes Uran im Lande behalten und zusätzlichen Brennstoff im Ausland hinzukaufen. Für einen „medizinischen Forschungsreaktor“.

Die „internationale Gemeinschaft“ begreift auch diesmal nicht die Bedeutung von „Nein“. Passagen wie die folgende sind skurril und grotesk:

„Die Vermittler verstärken nun den Druck auf die islamische Republik. Russland und Großbritannien forderten Iran auf, den Kompromissvorschlag anzunehmen. London erwarte eine “schnelle Reaktion”, sagte der britische Außenminister David Miliband nach Angaben der Agentur Interfax bei einem Treffen mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow in Moskau. Lawrow verlangte zudem ein neues Treffen der fünf Vetomächte und Deutschlands mit Iran, um das weitere Vorgehen abzustimmen.

Auch Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner wird ungeduldig. Er warnte die islamische Republik vor Verzögerungstaktiken. Falls die Antwort Irans auf den Kompromissvorschlag vor allem dazu diene, Zeit zu gewinnen, was zu vermuten sei, werde sie nicht akzeptiert, sagte er.“

Die Vermittler verstärken den Druck ! Es ist wohl eher Ahmadinedschad, der Recht hat, wenn er auf eine Äußerung Khomeinis Bezug nimmt und erklärt:

„Alle Sicherheitsresolutionen in der Welt können rein gar nichts daran ändern, dass der Iran sein Atomprogramm fortentwickelt.“

Und am vergangenen Donnerstag in einer Rede in Mashhad, die im staatlichen Fernsehen übertragen wurde:

„Vor einigen Jahren sagte man uns, wir hätten alle unsere nuklearen Aktivitäten komplett einzustellen. Jetzt schaut, wo wir heute stehen. Jetzt sind sie es, die eine nukleare Kooperation mit der iranischen Nation wollen“.

Am Dienstag erfolgte ein weiterer Schlag ins Gesicht der “Verhandlungen-Über-Alles”-Befürworter. Der “oberste religiöse Führer” des Iran, Ayatollah Ali Khamenei bezichtigte die USA der Arroganz.

“Wenn irgendjemand die Rechte der iranischen Nation zu verletzen beabsichtigt, wird sich die Nation geschlossen dagegen erheben und ihn auf die Knie zwingen”.

Es hat den Anschein, als täten die Verhandlungsführer Khamenei diesen Gefallen des präventiven Kniefalls. In einem Artikel im „Telegraph“ wird ein an den Verhandlungen mit dem Iran teilnehmender Diplomat wie folgt zitiert:

„Es ist, als ob man Schach mit einem Affen spielt. Man setzt ihn schachmatt und dann verschluckt er den König“.

Affen mit Atomwaffen. Wollen wir unser Leben darauf verwetten, dass man sie abschrecken kann?

© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2009

3. November 2009

Kauft nicht beim Siedler

von Lizaswelt

Wenn keine Überraschung mehr geschieht, wird der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf Antrag einer deutschen Behörde in Kürze eine explizit politische Entscheidung treffen und durch ein Urteil die israelischen Siedlungen in den umstrittenen Gebieten für illegal erklären sowie de facto Sanktionen gegen Israel verhängen.

Anlass für den bevorstehenden Entschluss des EuGH ist ein Antrag der deutschen Firma Brita GmbH auf Erstattung von Einfuhrgebühren in Höhe von 19.155,46 Euro. Diese Summe hatte der Hamburger Zoll kassiert, als das Unternehmen eine Ladung Sprudelgeräte des israelischen Herstellers Soda Club importiert hatte. Darüber wunderte man sich bei Brita, denn die Einfuhr israelischer Güter in die Europäische Union ist nach einem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem jüdischen Staat vom November 1995 zollfrei. Das Hauptzollamt Hamburg-Hafen wollte dennoch von der zuständigen israelischen Zollbehörde ganz genau wissen, wo die Waren produziert wurden, und begnügte sich nicht mit der wahrheitsgemäßen Antwort, sie stammten aus einem „Gebiet unter israelischer Zollverwaltung“. Da Soda Club seine Erzeugnisse in der östlich von Jerusalem gelegenen israelischen Siedlung Ma’ale Adumim herstellen lässt, befanden die deutschen Beamten schließlich kraft souveräner Willkür, die Deklaration „Made in Israel“ sei unzutreffend, und belegten den Import mit einem Zoll.

Dagegen klagte Brita vor dem Finanzgericht Hamburg, das seinerseits – da die Angelegenheit unter das Europarecht fällt – den EuGH um eine so genannte Vorabentscheidung bat. Diese Entscheidung ist zwar noch nicht getroffen worden; am vergangenen Donnerstag veröffentlichte der EuGH-Generalanwalt Yves Bot jedoch seinen Schlussantrag, und diesen Plädoyers folgen die Luxemburger Richter in aller Regel. Bot bestätigte in seinen Ausführungen dem deutschen Zoll, richtig gehandelt zu haben, als er Abgaben für die Einfuhr der Sodageräte nahm. Er wolle daran erinnern, verlautbarte Bot, „dass die Grenzen Israels durch den Teilungsplan für Palästina festgelegt wurden, der am 29. November 1947 von den Vereinten Nationen angenommen wurde“. Nach diesem Plan seien „die Gebiete Westjordanland und Gazastreifen kein Teil des Gebiets Israels“; dort erzeugte Güter fielen daher nicht unter das Freihandelsabkommen zwischen der EG und dem jüdischen Staat. Auch auf das europäische Abkommen mit der PLO aus dem Jahr 1997 könne sich Brita nicht berufen, denn dazu hätten die palästinensischen Behörden den Ursprungsnachweis unterzeichnen müssen.

Sollte der EuGH erwartungsgemäß seinem Generalanwalt folgen, träfe er damit auf den Antrag einer deutschen Behörde hin eine originär politische und für alle EU-Staaten verbindliche Entscheidung: Er würde israelische Siedlungen in den umstrittenen Gebieten durchweg für illegal erklären, durch die Zollerhebung faktisch Sanktionsmaßnahmen gegen Israel ergreifen und damit ein Exempel statuieren, das für Israel weit reichende Folgen hätte – sowohl in politischer als auch in ökonomischer Hinsicht; schließlich ist die EU für den jüdischen Staat nach den USA der zweitgrößte Absatzmarkt. Die vormalige schwarz-rote Bundesregierung hatte das Vorgehen des Hamburger Zollamts ausdrücklich begrüßt: Eine Zollbefreiung für „Waren aus den besetzten Gebieten“ könne es nicht geben, hieß es Anfang Juni in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen im Bundestag. An dieser Sichtweise dürfte sich auch unter der schwarz-gelben Koalition nichts ändern. „Während die US-Regierung bislang nur rhetorisch Druck auf die israelische Siedlungspolitik ausübt, traut sich die EU bereits einen Schritt weiter“, frohlockte denn auch Christoph Schult auf Spiegel-Online.

Dass der EuGH-Generalanwalt den Teilungsbeschluss der Uno aus dem Jahr 1947 zur Grundlage seines Antrags machte, entbehrt übrigens nicht einer gewissen Pikanterie – und das nicht nur deshalb, weil die arabischen Staaten ihn bekanntlich rundweg ablehnten. Vielmehr könnten auf dieser Basis künftig auch Produkte aus anderen Orten des heutigen Israel nicht mehr zollfrei nach Europa eingeführt werden, beispielsweise wenn sie aus Akko stammen, das im Teilungsplan einem prospektiven arabischen Staat zugerechnet worden war. Womöglich sollte man den Generalanwalt auch an die Konferenz von Khartum aus dem Jahr 1967 erinnern, auf der die arabischen Staaten nicht nur das israelische Angebot ausschlugen, über die Rückgabe der im Sechstagekrieg von Israel eroberten Gebiete zu verhandeln – die zuvor von Jordanien (Westjordanland) respektive Ägypten (Gazastreifen) widerrechtlich besetzt waren –, sondern darüber hinaus ihr berühmt gewordenes „dreifachen Nein“ verkündeten: Nein zum Frieden mit Israel, nein zur Anerkennung Israels, nein zu Verhandlungen mit Israel.

Und schließlich ist es bemerkenswert, dass sowohl das Hauptzollamt Hamburg-Hafen als auch der EuGH-Generalanwalt mit der Entscheidung, Produkten aus den umstrittenen Gebieten die Zollfreiheit zu verweigern, sich faktisch die alte Position des berüchtigten Muftis von Jerusalem zu Eigen machten: Keinen Quadratzentimeter des heiligen muslimischen Bodens für einen souveränen jüdischen Staat. Denn die inzwischen rund 40.000 Einwohner zählende Stadt Ma’ale Adumim, der Sitz des Unternehmens Soda Club, gehört zu den wenigen israelischen Siedlungen, die sowohl nach dem Friedensplan des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton vom Dezember 2000 als auch nach den Vorstellungen der nicht nur hierzulande so euphorisch begrüßten Genfer Initiative bestehen bleiben und dem israelischen Kernland angegliedert werden sollten – im Austausch gegen den Palästinensern zu überantwortende israelische Ländereien nahe dem Gazastreifen und im südlichen Westjordanland. Dass es zu diesem Tausch bis heute nicht kam, liegt daran, dass die palästinensische Seite noch jede Friedensverhandlungen torpedierte und neuerlich zum Terror griff – nötigenfalls im allerletzten Moment.

Das wird nun auch noch belohnt – von einer deutschen Zollbehörde (mit Billigung der Bundesregierung) und aller Voraussicht nach zudem vom Europäischen Gerichtshof. Wenn es nicht so schrecklich hilflos wäre, müsste man glatt geneigt sein, diesen „Kauft nicht beim Juden aus den Siedlungen“-Aufruf mit einem massenhaften Erwerb von Sprudelgeräten der Firma Soda Club zu beantworten und dem Mineralwasser europäischer Provenienz vollständig zu entsagen. In jedem Fall braucht’s aber ein Gläschen Yarden-Wein vom israelischen Golan zur Beruhigung der Nerven. Le chaim!

Obamas Chance unter der Lupe :-)

2. November 2009

Honduras gewinnt - trotz seiner Heiligkeit Barak Hussein Obama!

von Joachim Steinhöfel

In Honduras gehen vier Monate diplomatischen Tauziehens zu Ende. Und die richtige Seite hat gewonnen. Die Demokraten, die in unseren arglosen Medien als Putschisten diffamiert wurden, tatsächlich aber Präsident Manuel Zelaya völlig legal aus dem Amt entfernten.

Manuel Zelaya, ein peinlicher Möchtegern Chavez, der Drogenkorruption verdächtig und bisheriger Präsident Honduras war auf eine Verfassungsänderung per Volksabstimmung aus, die ihm eine gesetzlich nicht vorgesehene weitere Amtszeit ermöglichen sollte. Das Verfassungsgericht, aber auch der Kongress, der Generalstaatsanwalt und der Ombudsmann für Menschenrechte von Honduras erklärten diesen Schritt für unzulässig, nur der Honduranische Kongress könne eine solche Verfassungsänderung beschliessen. Als der oberste Militär des Landes sich in Einklang mit den demokratischen Organen und dem obersten Gericht des Landes weigerte, die Wahlurnen für dieses verfassungswidrige Referendum durch die Armee aufstellen zu lassen, feuerte ihn Zelaya. Das Verfassungsgericht erklärte dies als illegal und setzte ihn wieder ein, Zelaya entließ ihn erneut.

Kurz darauf wurde Zelaya von der Armee festgenommen und nach Costa Rica ausgeflogen, nachdem das Verfassungsgericht seine Entfernung aus dem Amt angeordnet hatte.

Das Ausland stellte sich dabei auf die Seite eines Mannes, dessen Bestreben es war, mit Hilfe seines Gönners Chavez die Demokratie in Honduras auseinander zu nehmen. Das sich die neue US-Administration des Friedensnobelpreisträgers dabei in der Gesellschaft von Hugo Chavez, den Castro-Brüdern und Daniel Ortega befand, sollte jeden moralischen Kompaß wild ausschlagen lassen.

Jetzt wird Zelayas Gesuch um Wiedereinsetzung in das Präsidentenamt dem Verfassungsgericht und dem Kongress vorgelegt, die USA beenden im Gegenzug ihre Sanktionen und akzeptieren das Ergebnis der für Ende November angesetzten Wahlen. Es ist nicht wahrscheinlich, dass es zu einer Wiedereinsetzung Zelayas kommen wird, bedenkt man, dass das Gericht bereits zweimal anders entschieden hat.

Es ist beeindruckend, wie die honduranische Demokratie sich gegen den Druck der USA und gegen die Unterminierungsversuche der autoritären Nachbarstaaten behauptet hat. Das kleine Land hat sich nicht wie eine Bananenrepublik herumschubsen lassen. Die Performance der US-Regierung in Mittelamerika erinnerte an die dunklen Zeiten ihrer Aussenpolitik aus lange zurückliegenden Jahrzehnten.

Clinton versucht das Ergebnis jetzt zwar als diplomatischen Triumph darzustellen. Dem ist auch so. Allerdings ist es ein Triumph für die „Putschisten“, nicht für Clinton.

Die US-Aussenministerin muss froh sein, dass die Krise ohne erneuten Gesichtsverlust (wie das Debakel ihres Moskau-Besuches) ein Ende findet. Und zwar mutmaßlich genau so, wie es die Honduraner von Anfang an geplant hatten.

© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2009

Islamisten Polka

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