13. August 2009

Wenn zwei sich streiten, hat Israel Schuld

von Judith Hart



Und sie dreht sich doch. Ja, ja, natürlich die Erde. Das ist schließlich ein Naturgesetz. Aber noch etwas rotiert: die „Gewaltspirale in Nahost“. Angesichts der Beharrlichkeit mit der sie bemüht wird, könnte man glauben, auch sie sei ein Naturgesetz, das nach folgendem Prinzip funktioniert: Die Palästinenser sind für nichts verantwortlich, und Israel hat sie durch „unverhältnismäßige Gewaltanwendung“ in Gang gesetzt.

UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon schwadronierte ebenso wie EU-Außenminister Javier Solana und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy von der „Unverhältnismäßigkeit Israels“. Derselbe Sarkozy übrigens, der als Innenminister im Herbst 2005 die gewaltsamen Proteste jugendlicher Migranten vor allem mit moslemischen Hintergrund in Frankreichs Vorstädten mit aller Härte der Staatsgewalt niederknüppeln ließ. Ein Schelm, der angesichts der Verurteilung Israels durch Sarkozy Böses dabei denkt, dass in Frankreich rund fünf Millionen Muslime leben. Während eine handvoll türkische Demonstranten gegen das israelische Vorgehen lautstark protestierte und der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan die israelischen Angriffe im Gazastreifen als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ bezeichnete, griff die türkische Luftwaffe kurdisches Gebiet an -, und die Weltgemeinschaft erklärt: nichts (!). Natürlich hat sich auch der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier zu Wort gemeldet und versichert, dass Israel das legitime Recht zur Selbstverteidigung habe (Sagt er das eigentlich auch der spanischen Regierung, wenn sie gegen die Baskenorganisation ETA vorgeht?), um dieses Recht schnell wieder einzuschränken und einen Waffenstillstand zu fordern, denn sonst – ja genau – drohe der „Gazastreifen erneut in einer Spirale der Gewalt zu versinken“.

Israels Krieg gegen die Hamas ist einer ganz simplen Ursache zuzuschreiben: Anstatt nach dem Abzug der Israelis 2005 eine ordentliche Infrastruktur aufzubauen, Schulen angemessen auszustatten und eine funktionierende Wirtschaft auf die Beine zu stellen, entschieden sich die radikalen Islamisten, einen Krieg gegen Israel zu führen, lieber Raketenteile zu schmuggeln als die Versorgung ihrer Bevölkerung sicher zu stellen und die Waffenruhe – während der sie täglich Raketen auf israelische Zivilisten abschossen – trotz aller Warnungen von Ägypten, dem palästinensischen Präsidenten Machmud Abbas und Israels Premier Ehud Olmert aufzukündigen. Hamas hat eine Entscheidung getroffen und trägt jetzt die Verantwortung dafür. Die amerikanische Außenministerin Condoleezza Rice sieht das ganz richtig, wenn sie erklärt, dass Hamas die Schuld am Bruch des Waffenstillstands trägt. Auch Machmud Abbas war eindeutig in der Verurteilung der Hamas. Er verhandelt seit Monaten mit Israel über eine Zwei-Staaten-Lösung, die die Islamisten mit dem von ihnen provozierten Krieg zu unterbinden versuchen. Auch Angela Merkel hat verstanden, worum es geht. Die Verantwortung für die jüngste Entwicklung liege „eindeutig und ausschließlich“ bei der Hamas, bei der Beurteilung der Situation im Nahen Osten dürften „Ursache und Wirkung nicht vertauscht werden oder Ursache und Wirkung nicht in Vergessenheit geraten", ließ die Bundeskanzlerin mitteilen. Wozu braucht die Hamas diesen Krieg? Weil sie nur durch Zerstörung funktioniert. Sie kann und wird sich nicht mit Israel arrangieren.

Die Palästinenser müssen als ewige Opfer dargestellt werden, die Israelis als Mörder, die „Massaker“ an unschuldigen Zivilisten begehen, deren Leben mit Bedacht von der Hamas geopfert wird. Deshalb erlaubt Hamas-Premier Ismail Haniya nicht, dass Verletzte, wie von der ägyptischen Regierung angeboten, ins Nachbarland gebracht und dort kostenlos behandelt werden dürfen. Menschenverachtender geht es nicht mehr. Den radikalen Islamisten geht es nicht um das Wohl der Palästinenser, sondern nur um die Manipulation der öffentlichen Meinung. Zu lange war von Gaza nichts zu hören. Zu lange gab es keine Schlagzeilen. Hamas musste wieder in die Medien – koste es, was es wolle und sei es das Leben der eigenen Kinder, Frauen und Männer. Und in der Mobilisierung der Weltmeinung ist die Hamas weltmeisterlich. Das Rezept ist auch zu einfach: Man schmuggle illegal Waffen in den Gazastreifen, beschieße täglich mehrfach israelisches Gebiet, lege Waffenlager, Abschussanlagen und Operationszentralen in Wohnhäuser.

Irgendwann wird der „zionistische Feind“ schon etwas unternehmen. Vergessen die Zeit, da selbst während der sechsmonatigen Waffenruhe zwischen der Hamas und Israel kein Tag verging, an dem nicht Raketen aus dem Gazastreifen abgefeuert wurden und zivile Ziele im israelischen Kernland trafen. Da gab es kein Wort von Unverhältnismäßigkeit, nichts war zu hören von Gewaltspirale, keine Dringlichkeitssitzung des UN-Weltsicherheitsrates. Getreu dem Motto: Wenn zwei sich streiten, wird schon Israel schuld sein.

Man stelle sich vor, Dänemark würde täglich Raketen auf Schleswig- Holstein abfeuern oder Frankreich auf das Saarland oder Tschechien auf den Bayrischen Wald und dabei Kindergärten, Spielplätze und Reihenhäuser zerstören, Menschen verletzen oder töten. Wie lange würde es dauern, bis das Volk nach Schutz durch die Bundeswehr verlangen würde? Wie lange würde ein deutscher Regierungschef zögern, den Gegenschlag zu befehlen?

Quelle: Cicero

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