30. November 2008

19. November 2008

18. September 2008

:-D

Stehen ein Sachse und ein Schwabe vor dem Eiffelturm.
Fragt der Sachse:
"Aus was isn där?"
Antwortet der Schwabe:
"Aus Guscheise." -
"Wie, und das hält?"

16. September 2008

the gentle giant

es berührt mich immer, immer, immer wieder....






http://de.wikipedia.org/wiki/Israel_Kamakawiwo%27ole

26. August 2008

Warum Busch die Welt sicherer gemacht hat:

Bei der "Welt" habe ich diesen interessanten Artikel gefunden. Er wirft ein etwas anderes Bild auf G.W. Bush, als die hiesigen Medien im Allgemeinen verbreiten.


URL: http://www.welt.de/politik/arti2366611/Warum_Bush_die_Welt_sicherer_gemacht_hat.html

15. August 2008, 12:15 Uhr
Von Edward Luttwak
Gast-Kommentar
Warum Bush die Welt sicherer gemacht hat
"Entweder ihr seid für uns oder für den Terrorismus" – über diese Haltung von George W. Bush machten sich viele lustig. Zu Unrecht, findet der Ex-Berater des US-Verteidigungsministers, Edward Luttwak. Er erklärt, warum der US-Präsident mit seiner Außenpolitik keinesfalls gescheitert ist.

Dass George W. Bush mit seiner Außenpolitik gescheitert ist, ist für viele mittlerweile so selbstverständlich, dass man darüber nicht mehr diskutieren muss.So etwas geschieht nicht zum ersten Mal in der Geschichte der USA. Als Präsident Harry S. Truman im März 1952 ankündigte, dass er nicht noch einmal kandidieren würde, waren sich die meisten Amerikaner in einem einig: dass seine Außenpolitik katastrophal gescheitert war. Seine Unentschiedenheit hatte in Korea den Krieg mit ausgelöst. Anschließend kostete seine Inkompetenz in nur zwei Jahren militärischer Auseinandersetzung rund 54 000 Amerikaner sowie Millionen koreanischer Zivilisten das Leben - das sind mehr als zehn Mal so viele Tote wie im Irak.Die Rechtskonservativen schmähten Truman, weil er China den Kommunisten überlassen hatte und weil er den großen General Douglas MacArthur entließ, der China hatte zurückgewinnen wollen - mit Atomraketen, wenn nötig. Die Liberalen verachteten Truman, weil er, der gescheiterte Kaufmann, das Weiße Haus des Patriziers Franklin Roosevelt an sich gerissen hatte. Die Liberalen waren schon immer die Snobs der US-Politik.
Auch im Ausland war Truman verhasst. Viele glaubten den Kommunisten, die ihm vorwarfen, er habe "bakteriologische Kriegsführung" betrieben, um koreanische Kinder zu töten und die chinesische Ernte zu vernichten. Ein 669-seitiger Bericht, der von einer Kommission unter dem Vorsitz des angesehenen britischen Biochemikers Joseph Needham verfasst wurde, bestärkte sie noch darin. Und noch mehr Menschen waren der Ansicht, Truman habe den Kalten Krieg ausgelöst, als er versuchte, unseren mutigen sowjetischen Verbündeten einzuschüchtern.Wie aber konnte es dazu kommen, dass derselbe Harry Truman als bedeutender Präsident in Erinnerung geblieben ist - und das gerade wegen seiner Außenpolitik? Es ist alles eine Frage der zeitlichen Perspektive: Der Koreakrieg ist fast in Vergessenheit geraten, aber Trumans Containment-Politik gilt bis heute als erfolgreich und endete mit dem nahezu unblutigen Umbruch in der Sowjetunion.Damit George W. Bush nach dem trumanschen Muster als bedeutender Präsident in Erinnerung bleibt, muss also erst der Irak-Krieg in Vergessenheit geraten. Auf den schnellen Sturz Saddam Husseins folgten im Irak Jahre der Gewalt statt der versprochenen Demokratisierung. Es war ein unverzeihlicher Fehler zu glauben, die von Imamen gegängelten Iraker würden sofort demokratische Verhältnisse einführen: Bevor er in ein Land einmarschieren lässt, sollte ein US-Präsident schon wissen, ob dies im Mittleren Osten oder in Skandinavien liegt.Doch der kostspielige Irak-Krieg muss als ein Nebenkriegsschauplatz in der globalen Offensive Bushs gegen militante Islamisten verstanden werden - genauso, wie der kostspielige Korea-Krieg ein Nebenkriegsschauplatz der globalen Containment-Politik des Kalten Krieges war.Denn die Antwort Bushs auf den 11. September war nichts anderes als ein weltweiter Angriff auf die Ideologie der militanten Islamisten. Zwar waren die Antiterroroperationen nur bedingt erfolgreich, und auch die Zukunft Afghanistans liegt weiter im Dunkeln - im Krieg der Ideologien allerdings hat Präsident Bush einen spektakulären Sieg errungen. Einen dazu, der noch gar nicht als solcher erkannt worden ist - obwohl wir alle Zeugen waren.
Militante Islamisten und die arabische Welt
Bis zum 11. September erfreuten sich militante Islamisten, gewalttätige Dschihadisten jeglicher Couleur, von al-Qaida bis zu gänzlich unabhängigen Gruppen, großer offener oder stillschweigender Unterstützung in der muslimischen Welt. Von Marokko bis Indonesien beschwichtigten Regierungen die militanten Islamisten durch Zugeständnisse und ermutigten sie gleichzeitig, ihre gewalttätigen Aktivitäten im Ausland zu konzentrieren. Manche, wie Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), bezahlten militante Prediger und bewaffnete Dschihadisten. Die Saudis finanzierten zudem extremistische Schulungszentren in einer ganzen Reihe von Ländern, darunter auch den USA und Großbritannien. Sie zahlten die Gehälter Tausender militanter Prediger und stellten den Dschihadisten im Kaukasus, in Pakistan und einem Dutzend weiterer Regionen Schecks aus (bloß nicht Osama Bin Laden, der war ihr erklärter Feind).Wie wir heute aus verlässlicher Quelle wissen, haben die Führer der Emirate, die mittlerweile nur noch über ihre Airlines und Banken reden, das Geld gleich säckeweise an Osama persönlich ausgehändigt. Sie trafen ihn auf dem Flugfeld von Kandahar, wohin sie geflogen waren, um bedrohte Tierarten zu jagen. Saudi-Arabien und die Emirate waren auch die einzigen Länder gewesen, die neben Pakistan die Taliban als rechtmäßige Herrscher Afghanistans anerkannt hatten. Andere muslimische Regierungen, hauptsächlich die sudanesische, die syrische und die jemenitische, unterstützten Dschihadisten, indem sie ihnen Pässe ausstellten und Zuflucht gewährten.
Schlagworte
Andere Länder, darunter auch Indonesien, ignorierten über lange Zeit islamistische Indoktrinationen und die Rekrutierungsbemühungen der Dschihadisten. Mit der Ausnahme von Algerien und Ägypten zogen es alle muslimischen Staaten vor, ihren Frieden zu machen mit militanten Predigern und Dschihadisten. Pakistan tat noch viel mehr als das: Sein Geheimdienst ISI bewaffnete und trainierte sowohl die Taliban in Afghanistan als auch Tausende "Heiliger Krieger", die indischen Zivilisten, Polizisten und Soldaten in Kaschmir und andernorts nach dem Leben trachteten.All diese Entwicklungen kamen nach dem 11. September zu einem abrupten Stillstand.Allerorten machte sich die intellektuelle Schickeria über die kompromisslose Haltung Bushs – "Entweder ihr seid für uns oder für den Terrorismus" – lustig. Aber dieser "Cowboytrick", wie viele das nannten, zeigte Wirkung. Muslimische Regierungen änderten rasch ihren Umgang mit den Islamisten.Manche verboten einheimische Dschihadistengruppen, die sie zuvor lange toleriert hatten, sie brachten extremistische Prediger zum Schweigen und ließen keine ausländischen Dschihadisten mehr ins Land. Andere leugneten zunächst alles ab. Der saudische Innenminister Prinz Nayef bin Abdul Asis bestritt erst einmal, dass die Terroristen des 11. September Araber oder gar Saudis gewesen seien, während die Prinzen der Emirate vorgaben, noch nie von Osama Bin Laden gehört zu haben.Aber das Leugnen hielt nicht lange an. Als sie sahen, wie US-Spezialeinheiten und Langstreckenbomber die Taliban-Truppen zerschlugen, übernahmen die Saudis Verantwortung für die von ihnen finanzierte Verbreitung des Extremismus. Eine qualvolle Neubewertung der wahabitischen Form des Islam ist bis heute nicht abgeschlossen. Der saudische König hat eine interreligiöse Konferenz mit Muslimen, Christen und Juden zusammengerufen - ein gewagter Schritt, ist Wahabiten doch jegliche Freundschaft mit Nichtmuslimen steng verboten.Mit Bin Laden waren die Saudis zwar schon lange verfeindet, aber erst jetzt fingen sie an, seine Unterstützer aktiv zu verfolgen und reiche Saudis davon abzuhalten, Dschihadisten im Ausland zu finanzieren. Mehr als 1000 Saudis wurden verhaftet, Dutzende kamen zu Tode, als sie sich ihrer Festnahme widersetzten. Saudische Banken sind heute angehalten zu prüfen, ob Auslandsüberweisungen an muslimische Organisationen gehen, die auf der Liste terroristischer Vereinigungen stehen.
Viele muslimische Länder stellten sich auf die Seite der USA
Andere Regierungen muslimischer Länder bis hin zu Indonesien stellten sich auf die Seite Bushs und der USA und bezogen Position gegen die Dschihadisten - obwohl der Heilige Krieg gegen die Ungläubigen vielerorts als muslimische Pflicht verstanden wird. Islamisten und Dschihadisten erlitten quasi über Nacht einen katastrophalen Ansehensverlust. Anstatt bewundert, respektiert oder wenigstens geduldet zu werden, mussten sie sich auf einmal verstecken, mussten fliehen oder aufgeben. Die Zahl ihrer Unterstützer begann zu schrumpfen. Die Zahl terroristischer Anschläge außerhalb der Kriegszonen von Afghanistan und Irak sinkt beständig. Extremistische Koranschulen haben es nahezu überall vorgezogen, ihre Lehren abzumildern, um eine Schließung zu verhindern. In Indonesien, dem größten muslimischen Land, verurteilt die führende Imamvereinigung alle Gewalt, ohne jede Ausnahme.
In Pakistan allerdings erzwang George W. Bush die dramatischste politische Wende. Er sagte: "Mit uns oder gegen uns", und er meinte es ernst. Präsident Musharraf stand vor einer schwierigen Entscheidung: an der Seite der USA die Taliban zu bekämpfen, die Pakistan selbst geschaffen hatte, oder selbst zerstört werden. Musharraf traf die richtige Entscheidung, indem er die Waffenlieferungen an die Taliban unterband, das Flugfeld von Shahbaz für US-Flugzeuge öffnete und dem US-Militär uneingeschränkte Überflugrechte gewährte.Musharraf setzte auch die bärtigen Extremisten, die lange Zeit den pakistanischen Geheimdienst ISI gelenkt hatten, ab. Er begann mit dem Chef, Mahmud Ahmed, der kurz nach dem 11. September seinen Dienst quittieren musste und durch den moderaten Ehsanul Halqas ersetzt wurde.Weniger leicht hingegen war es für Musharraf und seine Gefolgsleute, die versteckten, glatt rasierten Extremisten im ISI auszumachen und zu entlassen, die immer noch die Taliban unterstützen.Was sich in den 24 Stunden nach dem 11. September in Pakistan ereignete, war etwas, was die Welt noch nicht gesehen hatte: die Umkehrung der wichtigsten politischen Agenda des Landes – die Unterstützung des Dschihad –, die aus dem Nationalmythos Pakistans als muslimischem Staat par excellence abgeleitet worden war. Es war, als ob Präsident George W. Bush einen Gesandten nach Italien geschickt hätte, um Spaghetti mit Tomatensoße verbieten zu lassen – und damit Erfolg gehabt hätte.
Trotzdem hört man heute gewöhnlich gut informierte Menschen beiläufig bemerken, dass Bushs Krieg gegen den Terror gänzlich gescheitert sei. Dies ist mehr als nur ein politisches Vorurteil. Dabei ist es doch inzwischen offensichtlich, dass der 11. September bloß der Auftakt zu einem lang andauernden, weltweiten "Heiligen Krieg" sein sollte.Das hätte al-Qaida allein nie bewerkstelligen können. Aber die Zerstörung der Zwillingstürme inspirierte Tausende junger Muslime, islamistische Moscheen zu besuchen und den Dschihadisten ihre Dienste anzubieten. Denn der Koran verheißt zwar den Gläubigen ausdrücklich den Sieg auf allen Fronten, in der Realität aber fühlten sich die Muslime vom Westen unterdrückt. Daraus wuchsen quälende Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Islam selbst. Die Fernsehbilder vom 11. September wurden zum Symbol der Überwindung dieser Zweifel, brachten nicht nur die glücklosen Palästinenser, sondern auch die verwestlichten, wohlhabenden, Wein trinkenden Tunesier dazu, mit Freudentränen in den Augen zu feiern, und machten Bin Laden zum ersten panislamischen Helden seit Saladin. Die Zerstörung der Zwillingstürme war daher der denkbar lauteste Ruf zu den Waffen. Doch die globale Mobilmachung der Dschihadisten wurde gestoppt, bevor sie überhaupt wirksam werden konnte - durch alles, was Bush in Gang setzte: durch die Zerstörung der Al-Qaida-Trainingslager in Afghanistan, die Tötung oder Gefangennahme der meisten ihrer Akteure und vor allem durch den Kurswechsel der muslimischen Regierungen.Der Einfluss des Dschihadismus beschränkt sich seitdem im Großen und Ganzen auf den Irak und die Grenzregionen Pakistans.Anschläge gegen westliche ("christliche") Ziele sind seit dem 11. September rar geworden. Kein einziger Anschlag fand in den USA selbst statt, und nur eine Handvoll in Europa. Es wäre anders gekommen, hätte ein weniger entschlossener, ein weniger selbstbewusster Präsident im Weißen Haus regiert. "Ihr seid für uns oder für den Terrorismus" war der richtige Slogan und die richtige Strategie. Das Chaos, das nach dem Sieg im Irak ausgebrochen war, kann man im Vergleich damit vernachlässigen.
Bush hat auch zur atomaren Abrüstung beigetragen
Bushs Kritiker müssen darüber hinaus auch noch mit einem anderen großen Erfolg fertig werden - der atomaren Abrüstung. Sie begann 2003 mit Libyen, das, aus Angst vor dem, was Bush hätte tun können, seine gesamte Ausrüstung aufgab, die es gekauft hatte, um Atomwaffen herzustellen. Syrien verlor seinen geheimen protonuklearen Reaktor durch einen israelischen Luftangriff im vergangenen September - der mit Bushs Einverständnis stattfand. Das Ende des nordkoreanischen Atomprogramms zeichnet sich ebenfalls endlich ab. Diese Entwicklung könnte sich fortsetzen, wenn Bushs Nachfolger den Druck auf Pjöngjang aufrechterhält.
Erst kürzlich haben sich die USA direkt in die Auseinandersetzung um das iranische Atomprogramm eingeschaltet. Wie immer war zuvor die europäische Diplomatie komplett gescheitert. Während die E 3 - Großbritannien, Frankreich und Deutschland - redeten und redeten, baute Iran munter weiter an seinem Programm und brüstete sich später damit, die Europäer ausgetrickst zu haben. Nun aber kommt diese Angelegenheit zu einem Ende. Bush bot den Iranern großzügige Belohnung für den Stopp der Urananreicherung und den Abbau einiger Anlagen an. Das Angebot entspricht zwar exakt dem der Europäer. Der Unterschied liegt darin, dass die unterschwellige Drohung Bushs - "oder wir behalten uns andere Maßnahmen vor" - dem Angebot einen ganz anderen Nachdruck verlieh.
Dank Bush sind Bau und Verbreitung von Atomwaffen entscheidend verringert worden. Nicht zuletzt im Irak. Denn Saddam hatte die Absicht, sein Atomprogramm nach dem Ende des UN-Embargos 2004 fortzusetzen. Ohne den Irak-Krieg hätten wir es heute nicht nur mit einem iranischen, sondern auch einem irakischen Atomprogramm zu tun ...
Doch nicht genug damit, dass George W. Bushs Erfolge in der Außenpolitik (seine Steuerpolitik steht auf einem anderen Blatt) unterschätzt werden. Auch was die Zukunft der USA selbst anbelangt, liegen derzeit viele Intellektuelle falsch. Eine nicht endende Reihe von Büchern prophezeit den Niedergang der Vereinigten Staaten - das jüngste ist Fareed Zakarias "The Post-American World". Bushs vermeintliches Fehlmanagement wird dabei nur allzu gern zur Ursache für den schwindenden Einfluss der USA erklärt. Hier wird absoluter und relativer Wandel verwechselt. Die Volkswirtschaften Chinas und nun auch Indiens sind stark gewachsen, seit ihre Regierungen den selbstzerstörerischen politischen Kurs aufgegeben haben. Brasilien und viele kleinere Länder von Israel bis Singapur tun dasselbe.
Dies hat zu einer Verringerung des relativen Wohlstands der USA und Europas geführt, während es sie gleichzeitig in großem Maße bereichert hat. Es ist bereichernd, neue Märkte zu erschließen, die amerikanische und deutsche Technologien und europäische Luxusgüter importieren. Und es ist ebenfalls bereichernd - wenn auch in anderer Weise - zu wissen, dass Hunderte Millionen Menschen dem Elend und Schmutz entkommen, sozialen Aufstieg erleben, wenn nicht gar echten Wohlstand erlangen. Der relative statistische Niedergang der Einkommen in den USA und in Europa hat substanziell keine negative Bedeutung - es sei denn, die Wirtschaftskraft von heute würde tatsächlich die militärische Kraft von morgen und richtete sich gegen die USA und Europa. Es ist jedoch absurd anzunehmen, dass sich China, Indien, Brasilien und der Rest der schnell wachsenden Volkswirtschaften gegen die USA und Europa verbünden würden. Das Gegenteil ist weitaus wahrscheinlicher.
China ist seit Jahrzehnten ein Verbündeter der USA. Verfeindet waren sie lediglich zwischen 1950 und 1953. Die Beziehungen zwischen Indien und den USA waren 1971, während des indisch-pakistanischen Kriegs, gespannt. In den vergangenen Jahrzehnten jedoch sind beide Länder wieder enger zusammengerückt.
Die Vorstellung, China sei mit dem wilhelminischen Deutschland zu vergleichen und warte nur darauf, seinen neuen industriellen Wohlstand in militärische Macht zu verwandeln, würde nur Sinn ergeben, wenn die Chinesen Preußen wären, die sich voll und ganz dem Staatsdienst verschrieben hätten und sich danach sehnten, ihre Söhne in den Krieg zu schicken. Doch so sind die Chinesen nicht und waren es auch niemals. Das chinesische Reich war nur in der Yuan- und in der Qing-Dynastie auf äußerst aggressivem Expansionskurs. Aber die eine wurde durch berittene Mongolen begründet, die andere durch berittene Manchus, beide das Produkt ausländischer Kriegerkulturen. Die Han-Chinesen haben andere Interessen.
Aber was auf die Schwellenländer zutrifft, gilt nicht für Öl fördernde Länder wie Russland, Saudi-Arabien, Iran und Venezuela. Deren wachsender Reichtum ist tatsächlich unser Verlust, weil wir alle die luxuriösen Spielereien der Ölpotentaten und Oligarchen finanzieren. Anders als China oder Indien produzieren die Ölstaaten nichts - das Öl, auf dem sie sitzen, wird in der Regel von ausländischen Firmen gefördert, verarbeitet und verschifft. Außerdem sind diese Länder häufig ganz undemokratisch. Würden sich China, Indien, Brasilien und der Rest der hart arbeitenden Welt wie die parasitischen Ölstaaten benehmen, läge die Zukunft der USA tatsächlich im Dunkeln ...
Doch wenn die Finanzsysteme der USA und Europas unter der kolossalen Anhäufung privater Schulden ächzen, wenn der Kurs früher als sicher geltender Bankaktien über Nacht einbricht, wenn die Glaubwürdigkeit und der Wert des US-Dollars ins Wanken geraten, weil das US-Finanzministerium Garantien in bisher ungekanntem Ausmaß übernehmen muss - dann gewinnt die These vom Niedergang der USA eine gewisse Plausibilität.
Es ist offensichtlich, dass der Rest der Welt aufholt und dass in Moskaus Straßen jede Menge Geld ausgegeben wird, während die politische Macht weiterhin im Kreml konzentriert ist.
Es ist ebenfalls offensichtlich, dass die Vorbehalte gegen pragmatische Lösungen für die Schlüsselprobleme des Landes - den Drogenhandel, die fehlenden öffentlichen Verkehrsmittel und das Gesundheitswesen - den immensen Wohlstand der USA gefährden. Das sind die echten Probleme der USA. Und die Niedergangsliteratur trägt dazu wenig Erhellendes bei. Die wirklich interessante Frage ist, ob Amerika gezwungen sein wird, seine nationalen Probleme zu lösen, oder ob die Amerikaner es vorziehen, sie einfach durch Wachstum zu entschärfen. Ersteres wäre wünschenswert, Letzteres ist jedoch wahrscheinlicher. Die Tür für außerordentliches innovatives Wachstum steht nach wie vor weit offen, und es gibt starke Anzeichen dafür, dass ein weiterer Boom gerade seinen Anfang nimmt - im Energiesektor. Nicht, weil die Amerikaner plötzlich die globale Erwärmung fürchten (die meisten sehen das weiterhin skeptisch), sondern weil fossile Brennstoffe immer teurer werden. Mit einem Mal denken Millionen Amerikaner über Energieeinsparung nach. Der Benzinverbrauch ist stark gesunken, die Nachfrage nach SUVs ist eingebrochen, Hauskäufer verlangen nach gut isolierten Immobilien. Das ist eine Nachricht, die Öl exportierende Länder beunruhigen sollte.
George W. Bush ist nicht gescheitert
Die wohlgesonnenen Kommentatoren sind die zwei großen Fragen zum Rang der USA in der Welt komplett verkehrt herum angegangen - sie glauben, dass Bush dort gescheitert ist, wo er am erfolgreichsten war, und dass China Amerikas Probleme vergrößert, während exakt das Gegenteil der Wirklichkeit entspricht. Aber wie ist es mit den Fragen, die sie nicht stellen? Wann zum Beispiel wird Chinas Kommunistische Partei sich auflösen? Oder wird sie den Kollaps vermeiden können, wenn sie demokratische Reformen zulässt?
Das würde einen chinesisch-amerikanischen Schulterschluss massiv beschleunigen, der militärische Rivalitäten noch unwahrscheinlicher machen würde. Wird die korrupte Unfähigkeit der degenerierten indischen Administration den wirtschaftlichen Fortschritt des Landes abwürgen? Wird Russland auf Putins autoritärem Kurs weiterfahren, oder wird es als einzigartiges Beispiel einer zentral verwalteten Räuberkultur weiterexistieren? Wird die zunehmende Dezentralisierung Europas in Regionen und Quasistaaten wie Katalonien und Schottland die alten Nationalstaaten ausreichend schwächen, um die Entwicklung einer starken paneuropäischen Regierung zu ermöglichen? Das würde die USA schwächen, die derzeit als Europas einzig funktionierender Koordinator in militärischen und diplomatischen Angelegenheiten dienen. Das ist ebenfalls ziemlich unwahrscheinlich.
Friedman, Zakaria und Co. stellen sich solche Fragen nicht. Ihre Methodik ist einfach falsch, weil sie systematische Forschung ersetzen durch kurze Reisen ins Ausland, wo sie sich nur mit denen unterhalten, die Englisch sprechen, und durch den Besuch internationaler Konferenzen wie Davos, auf denen sie dieselben Leute treffen. Dies fördert die Verbreitung von Klischees, die eine ernsthafte Auseinandersetzung behindern.
Nicht einmal Zakaria kann Beweise dafür liefern, dass es mit dem Entdecker- und Erfindergeist, der die USA und den Rest des Westens so mächtig gemacht hat, zu Ende geht. Wenn überhaupt ist das Gegenteil wahr. China zum Beispiel hat sich die zentralen Bauten der Olympischen Spiele von berühmten westlichen Architekten entwerfen lassen. Es ist die westliche Moderne, die in China und anderswo in der hart arbeitenden Welt die Vorherrschaft errungen hat. Die USA werden weiter die wichtigste Quelle westlicher Innovationskraft bleiben, auch weil ihre Bevölkerung jünger und ihre Gesellschaft durchlässiger ist als die Europas. Daher: auf zum nächsten Boom, der die aktuelle Wirtschaftskrise vergessen machen wird - und auch die obligatorischen Bücher, die nach jedem Weltwirtschaftstreffen in Davos veröffentlicht werden.
Edward Luttwak ist Senior Fellow für Präventive Diplomatie am Center of Strategic and International Studies in Washington D. C. und Mitherausgeber von "Geopolitique" und "Washington Quarterly". Er war Berater des US-Verteidigungsministers, des Nationalen Sicherheitsrates, des US-Außenministeriums. Außerdem hat er den japanischen Finanzminister beraten.
Übersetzung: Elmar Krekeler

19. Juni 2008

Made in Pallywood

Esther Schapira: Made in Pallywood

Auf diesen Moment hat er sechs Jahre lang gewartet. Sechs Jahre, in denen er zunehmend wirkte, wie einer jener Eiferer, um die es immer einsamer wird, weil selbst Wohlmeinende anfangen zu zweifeln und freundlich milde zur Aufgabe raten. Für Philippe Karsenty aber wäre das Verrat gewesen. Und so sammelte er weltweit Hinweise, Indizien und Geld, um seinen Kampf um die Wahrheit finanzieren zu können. Und nun, an diesem 21. Mai 2008, ist es endlich so weit. Philippe Karsenty ist am Ziel. Ein französisches Gericht bestätigt ihm in zweiter Instanz, dass seine Zweifel berechtigt sind, dass er fortan straffrei behaupten kann, dass France 2 und sein Korrespondent Charles Enderlin eine Lüge verbreitet haben, als sie behaupteten, der 12-jährige Mohammed Al Durah sei von israelischen Soldaten erschossen worden. Karsenty ist vielmehr überzeugt, dass es sich um eine perfekte Medienfälschung der Palästinenser handelte, der France 2 zunächst aufgesessen sei und die sie dann wider besseres Wissen weiterhin verbreitet hätten.
Fälschung oder nicht, darauf hat auch das Pariser Gericht keine Antwort. Die Wahrheit im Fall Mohammed Al Durah kennen wir immer noch nicht. Und doch hat das Urteil schon jetzt Mediengeschichte geschrieben. Karsenty hat erreicht, dass Zweifel an der Märtyrergeschichte nicht mehr als israelische Propaganda abgetan werden können. Vielmehr ist nun amtlich, was die aktuelle Nahostberichterstattung seit Jahren prägt: die Leichtgläubigkeit westlicher Medien, die Willfährigkeit, mit der sie sich für die palästinensische Propaganda einspannen lassen. Westliche Journalisten als Bildbeschaffer für die Bilder im Kopf. Und weil sie so gut passen und bestätigen, was die Zuschauer und Leser ohnehin schon zu wissen glauben, bleiben selbst plumpe Fälschungen unentdeckt. Und selbst wenn sie klar widerlegt werden, halten sie sich hartnäckig im öffentlichen Bewusstsein. So findet Google über 43.000 Einträge unter dem Stichwort „Jenin Massaker“, von denen sich nur eine Minderheit mit der Korrektur der Propagandalüge beschäftigt. Zwar hat mittlerweile selbst die palästinensische Seite eingeräumt, dass im April 2002 nicht, wie anfänglich behauptet, über 500 Palästinenser getötet wurden, sondern 52 (darunter 14 Zivilisten). Auch für die angeblichen Massengräber fand weder die Untersuchungskommission der UNO noch Amnesty International oder Human Rights Watch irgendeinen Beleg – am Medienmythos des „Massakers von Jenin“ konnte die Wahrheit jedoch wenig ändern.
„Worte können Bilder nicht aufwiegen“, sagte Olivier Rapovitch, der damalige Sprecher der israelischen Armee und begründete so die wenig kooperative Haltung Israels bei der journalistischen Recherche nach der Wahrheit im Fall Al Durah. Das Bild sei ohnehin stärker, und die Leute wollten nicht wissen, wie es wirklich war. Die tägliche Berichterstattung scheint ihm recht zu geben. Das war so im Fall Jenin und im Juni 2006, als Israel angeblich mit einem Raketenbeschuss vom Meer aus eine siebenköpfige Familie am Strand von Gasa ausgelöscht hatte. Auch hier waren die späteren Beweise eindeutig: Die Familie starb durch Sprengstoff der Hamas. An der Medienwirkung änderte dies wenig.
Die Liste ließe sich beliebig erweitern etwa um Beispiele aus dem Libanon-Krieg im Juli 2006 oder von der Blockade Gasas Anfang diesen Jahres, als die Hamas-Regierung durch die ausbleibende Stromzufuhr aus Israel angeblich bei Kerzenschein tagen musste und die Brutkästen für Frühgeburten nicht mehr laufen konnten. Tatsächlich sperrten Vorhänge das Sonnenlicht aus, um das dramatische Foto im Kerzenschein um die Welt schicken zu können. Auf dem Bild aus dem Krankenhaus waren im Hintergrund angeschaltete Monitore zu erkennen. Die Liste der Propagandaschlachten im Medienkrieg ist also lang. Der Fall Mohammed Al Durah aber ist gleichwohl ein besonderer. Das Bild des hilflosen Jungen und seines Vaters hat sich eingebrannt als Ikone der Intifada. Das Urteil in Paris könnte jetzt dazu beitragen, dass dieses Bild zumindest im Westen fortan zum Symbol für „Pallywood“ wird, für die Inszenierung von Propagandabildern, für die Manipulation der Medien. Dafür aber müsste das Rätsel gelöst werden, was wirklich an diesem 30. September 2000 passierte.
Acht Jahre später gibt es zumindest mehr Fragen und Zweifel als damals. Wie viel Filmmaterial gibt es tatsächlich? Was ist darauf zu sehen? Wurde Mohammed Al Durah überhaupt erschossen? Charles Enderlin, der Korrespondent, der die Szene um die Welt geschickt hatte, war selbst nicht vor Ort. Er verließ sich auf die Schilderung seines Kameramannes Talal Abu Rahme, als der textete: „Mohammed ist tot, sein Vater schwer verletzt.“ Doch schon das damals veröffentlichte Material lieferte dafür keine Beweise. Kein Schuss war zu sehen, kein Blut.
France 2 hat stets behauptet, das gesamte Material der Szene veröffentlicht zu haben. Das ist falsch. Mittlerweile gibt es mindestens weitere zehn Sekunden, die Vater und Sohn zeigen. Das vermeintlich letzte Bild, zu dem Charles Enderlin getextet hatte „Mohammed ist tot“, ist nicht das letzte gedrehte Bild. Die Einstellung wurde abgeschnitten, bevor zu sehen ist, wie der angeblich tote Mohammed Al Durah den Kopf hebt und in die Kamera schaut. Die zusätzlichen Sekunden waren erstmals am 14. November 2007 im Gerichtssaal in Paris zu sehen. Ein weiteres Mosaiksteinchen, aus dem sich vielleicht irgendwann das ganze Bild zusammensetzen wird. Es ist ein langer Weg bis zur Wahrheit, und es gehört zu den Besonderheiten dieses Falles, dass er überhaupt zum Fall wurde angesichts der vermeintlich klaren Beweislage.
„Die Araber hatten ja auch gar keinen Grund, auf ihn zu schießen. Er ist ja Araber wie sie“, sagte Abed El-Razq El-Masry, der Pathologe in Gasa. Er sah demzufolge auch keine Notwendigkeit für eine Obduktion. „Wenn alle der Meinung sind, dass der Betreffende der Mörder ist, dann werden natürlich keine Untersuchungen durchgeführt“, sagte General Saib Ajez, der Polizeichef von Gasa und sicherte keine Spuren. Dabei hätte zum Beispiel die Munition Aufschluss darüber geben können, wer die angeblichen Maschinengewehrsalven abgefeuert hat. Stammten sie aus palästinensischen Kalaschnikows oder israelischen M16-Gewehren? Auch diese Frage hat damals niemanden interessiert. Der Weltöffentlichkeit ging es wie dem Pathologen und dem Polizeichef. Diejenigen, die es dennoch genau wissen wollten, die hartnäckig nachfragten, gerieten schnell in den Verdacht, einer politischen Agenda zu folgen. France 2 drohte jedem, der Zweifel an der Echtheit der Bilder hegte, mit einem Anwalt. Doch alle Versuche, Nachfragen im Keim zu ersticken, schlugen fehl. Dafür hatte die Szene längst zu große Symbolkraft erreicht. Für die einen war sie eine Schlüsselszene des Medienkrieges. Für die anderen war sie der sichtbare Beweis für die mörderische Besatzungspolitik Israels und für die Legitimität des Kampfes zur Vernichtung des „zionistischen Gebildes“.
In unzähligen Videoclips im palästinensischen Fernsehen wurde diese Botschaft verbreitet. Zu sehen war die von Talal Abu Rahme gedrehte Szene – ein israelischer Soldat, der schießt, dazwischen montiert. Auch wenn der Soldat zu einem völlig anderen Zeitpunkt an einem anderen Ort gedreht worden war – der Clip hatte dadurch jene Eindeutigkeit, die dem Originalmaterial fehlte. In der arabischen Welt aber brauchte es ohnehin keine weiteren Beweise. Zahllose Straßen und Plätze wurden nach Mohammed Al Durah benannt. Filme, Lieder, Gedichte priesen den Märtyrer, und Briefmarken erschienen mit seinem Konterfei, sogar Toilettenpapier. Seine Beerdigung wurde weltweit gezeigt. Wütende Demonstranten forderten die Zerstörung Israels. Im Fernsehen und Internet, in Freitagspredigten und auf Flugblättern wurden Muslime aufgerufen, Mohammed Al Durah zu rächen. Ein Aufruf, der mit der bestialischen Enthauptung des amerikanischen Journalisten Daniel Pearl durch Islamisten grausige Realität wurde. Im Video seiner Hinrichtung wird das „Todesurteil“ als Rache für die „Ermordung“ Mohammed Al Durahs gerechtfertigt.
Bis heute werden vor allem Kinder und Jugendliche in Palästina aufgerufen, den „Märtyrer Mohammed Al Durah“ zu rächen und ihm nachzueifern. Jungen wie Mohammed Besharat. 15 Jahre ist er alt und lebt in Tamun im Westjordanland, als er die Szene das erste Mal sieht. Ein knappes Jahr später steigt er mit einer Bombe in einen Bus in Israel, um sich als Selbstmordattentäter in die Luft zu sprengen. Der Busfahrer aber kann ihn davon abhalten, den Sprengsatz zu zünden und rettet so ihm und den Passagieren das Leben. Gefragt, was ihn als 16-Jährigen motiviert habe, antwortet er noch vier Jahre später: „Schauen Sie sich doch Mohammed Al Durah an. Ist das zu fassen? Ein kleiner Junge von sieben Jahren wird ermordet, und keiner tut etwas. Ich wollte etwas tun, mein Land verteidigen, mich selbst verteidigen. Eines Tages werde ich selbst das Opfer dieser Leute sein.“ Wer „diese Leute“ sind, wessen Opfer Mohammed Al Durah wurde, das stand und steht für Mohammed Besharat außer Frage. Er kennt nur die palästinensische Version der Geschichte.
Mit dieser „Wahrheit“ im Gepäck reist auch Jamal Al Durah, Mohammeds Vater, seit damals durch die Welt – als Botschafter der Intifada. Längst ist er selbst ein Prominenter in der arabischen Welt. Er fährt Erster Klasse und wird behandelt wie ein Staatsgast. Wieder und wieder erzählt er, was sich an diesem 30. September 2000 an der Kreuzung im Gasastreifen abgespielt haben soll. Auch bei der großen UNO-Konferenz gegen Rassismus in Durban schildert er die Ermordung seines Sohnes durch israelische Soldaten. Ein international gern gesehener Gast ist auch Talal Abu Rahme, der eindrucksvoll erzählt, wie er unter Lebensgefahr die einzigartigen Bilder gedreht habe. Er wurde dafür in Perpignan ausgezeichnet, als Kameramann des Jahres 2001 beim Festival des Photojournalismus.
Aber was hat Talal Abu Rahme wirklich gedreht und wie viel? Sieben Jahre lang hatte France 2 von 27 Minuten gesprochen, die sich auf der Drehkassette befänden. Als diese auf Anordnung des Gerichts in Paris endlich vorgeführt werden mussten, erklärte der Sender dem erstaunten Publikum, man habe sich geirrt. Es gäbe nur 18 Minuten. Und selbst die waren auf den ersten Blick so unspektakulär, dass es völlig unklar blieb, warum sie all die Jahre unter Verschluss gehalten worden waren. Zu sehen waren Jugendliche, die Steine und Brandsätze auf den israelischen Militärposten warfen, ohne jede erkennbare Reaktion der israelischen Soldaten. Zu sehen waren „For Camera Only“-Szenen, die aber nur für den geübten Beobachter als solche zu erkennen sind. „For Camera Only“ nennen die israelischen Soldaten es, wenn Demonstranten als Verletzte posieren und von Krankenwagen abgeholt werden. Zu sehen war schließlich die bekannte Sequenz mit Vater und Sohn. Zu sehen waren aber auch erstmals jene zehn Sekunden, in denen der angeblich tote Junge den Kopf hebt und in die Kamera schaut. Alles, was gedreht worden ist, sei veröffentlicht worden, hatte Charles Enderlin zunächst behauptet. Später fügte er hinzu, die Szene sei lediglich um jene Einstellung gekürzt worden, in der der schreckliche Todeskampf des Kindes gezeigt würde. Doch von eben diesem Todeskampf ist auf den jetzt bekannten Bildern nichts zu sehen. Warum nicht? Ist das nunmehr angeblich komplett veröffentlichte Rohmaterial eben doch nicht vollständig. Gibt es diese Bilder überhaupt?
Immer länger wird die Liste der Fragen und Widersprüche. Immerhin steht nun eindeutig fest, dass die am weitesten verbreitete Version die unwahrscheinlichste ist. Dies war bereits das Ergebnis unserer ARD-Dokumentation „Drei Kugeln und ein totes Kind – Wer erschoss Mohammed al Durah?“ im Jahr 2002. Schon damals war klar, dass es so nicht gewesen sein konnte. Unklar blieb, wie es sich tatsächlich verhalten hat. Auf diese Frage suchte Philippe Karsenty, ausgelöst durch unseren Film, eine Antwort. Das Ergebnis dieser Suche darf er verbreiten, ohne sich der üblen Nachrede schuldig zu machen. Tatsächlich klingt seine Antwort plausibel. Ob sie stimmt, hat der Prozess in Paris nicht klären können. Für die politische Wahrheitsfindung ist er ohnehin ohne Belang. Für beide Seiten stand und steht fest, dass ein Gerichtsurteil an ihrem eigenen Urteil nichts ändert.

Die Autorin ist Redakteurin des Hessischen Rundfunks und hat 2002 für die ARD eine Dokumentation über den Tod von Mohammed Al Durah gemacht.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/esther_schapira/

13. Juni 2008

Deutschland, Iran und die Linkspartei

Hamburg, den 13. Juni 2008

Deutschland, Iran und die Linkspartei

Ein Diskussionsbeitrag, den das "Neue Deutschland" bestellt und den abzudrucken es sich geweigert hat · Von Matthias Küntzel

Die Einladung

Am 29. Mai 2009 bat mich Christian Klemm, ein Redakteur der Tageszeitung „Neues Deutschland“, um einen Gastbeitrag. Er schrieb:

Interessant für unsere Leser und aktuell ist die Diskussion um die Beziehungen der Bundesrepublik zu der Islamischen Republik Iran. Selbst innerhalb der Linken ist dieses Thema sehr umstritten. Es gibt Stimmen, die ein normales, diplomatisches Verhältnis zu diesem Land befürworten. Andere Linke gehen soweit, dass sie diesen Staat als antiimperialistischen Bündnispartner der Linken insgesamt beurteilen.

Allerdings gibt es von anderer Seite große Skepsis an dieser Haltung. Manche Politikwissenschaftler sehen im Iran einen tendenziell antisemitischen Staat, der ein sehr bedenkliches Verhältnis zum Staat Israel pflegt. Einige Kritiker des Iran unterstellen, dieses Land beabsichtige die Vernichtung Israels. Die im Neuen Deutschland wöchentlich erscheinende Debattenseite ist das geeignete Forum, um diesen Sachverhalt kontrovers zu diskutieren. ... Auf der Debattenseite werden i.d.R. zwei konträre Positionen im “Pro/Kontra”-Stil gegeneinander gehalten. Wir verändern die gelieferten Beiträge redaktionell nicht. ... Ich würde mich freuen, wenn Sie bereit wäre, zu dieser Streitfrage einen Gastbeitrag für unsere Zeitung zu schreiben.

Die Ausladung

Am 11. Juni 2009, 49 Minuten, nachdem ich meinen Debattenbeitrag an das „Neue Deutschland“ übersandt hatte, schrieb mir Christan Klemm den folgenden Brief:

Sehr geehrter Herr Küntzel!
Nach der Lektüre des Beitrages hat sich die Redaktion entschieden, Ihren Text nicht zu drucken.
Nach unserer Auffassung behandelt er erstens nicht das gestellte Thema, und zweitens fehlt ihm jede journalistische Seriösität.
Christian Klemm, Neues Deutschland

Die Erwiderung

Hallo Herr Klemm,
Ihr Brief hat mich überrascht. Solch eine Ausladung habe ich während meiner 35-jährigen Schreibtätigkeit noch nicht erhalten. Allerdings hatte ich auch noch nie mit dem „Neuen Deutschland“ zu tun.

Sie scheinen pünktlich zum 50. Jubiläum des “ND” beweisen zu wollen, dass sich an der Zeitung im Prinzip nichts geändert hat. Glauben Sie denn wirklich, sie können die Argumente, die ich anführe, so zum Schweigen bringen?

Sie wollen eine Debatte unterdrücken, bevor sie überhaupt begonnen hat. Die Begründungen, die Sie dafür ins Feld führen, sind lächerlich. Warum lassen Sie nicht Ihre Leser darüber urteilen, ob mein Beitrag journalistisch seriös ist oder nicht, ob er sein Thema getroffen hat oder nicht? Dass ich mit guten Argumenten belege, warum schärfere Sanktionen gegen den Iran notwendig sind, dass ich für eine Opposition plädiere, die “die Regierung hinsichtlich der Einlösung ihrer Sanktionsversprechungen vor sich her jagt” – das wollen Sie nicht bemerkt haben?

Ihre Entscheidung fiel offenkundig im Affekt. Zwischen dem Eingang des von Ihnen bestellten Diskussionsbeitrags und dem Beschluss Ihrer Redaktion, ihn nicht zu drucken, lagen keine 50 Minuten. Nennen Sie das “journalistische Seriösität”? Mir kommt es eher wie eine Panikreaktion vor.

Anstatt meine Quellen zu überprüfen, anstatt sich um Gegenargumente zu bemühen, anstatt dem Autor Änderungen vorzuschlagen gebärden Sie sich, als sei die Zeit an jenem Tag “1958. Stalinallee, am 29.Juni”, stehengeblieben, den Sie in Ihrer Sonderbeilage zum 50. ND-Pressefest nostalgisch feiern. Damals durfte man Nágys Hinrichtung in Ungarn nicht kritisieren. Und heute soll über den wundesten Punkt der Linkspartei – ihr Verhältnis gegenüber dem Iran – nicht gesprochen werden dürfen? Was damals eine Tragödie war, ist heute nur bizarr. Trotzdem vielen Dank, Herr Klemm! Ich habe was gelernt. Und danke auch für den Skandal: Manchmal leben totgewünschte Artikel länger.

Shalom!
Matthias Küntzel

P.S.: Mein Zeilenhonorar von 39 Cent dürfen Sie behalten. Ich habe mich entschieden, den Diskussionsbeitrag und unserer Korrespondenz zu veröffentlichen.

Hier der Artikel, um den es geht

Der jüngste Iran-Bericht der Internationalen Atomagentur fällt alarmierend aus: In achtzehn Anhängen werden die militärischen Komponenten des Atomprogramm akribisch aufgelistet und die Einflussnahme der Militärs auf das Programm dokumentiert.[1] Gleichzeitig beschimpfen die Machthaber in Teheran Israel als „schwarze dreckige Mikrobe“ und als „krebsartiges Gewächs“ und kündigen dessen Beseitigung in immer kürzeren Abständen an.

Australien und Kanada wollen Ahmadinejad wegen seiner genozidalen Aufrufe verklagen. Der UN-Sicherheitsrat hat drei Sanktionsbeschlüsse verabschiedet, um das Atomprogramm zu stoppen. Selbst die Bundeskanzlerin kündigte zum Verdruss von Siemens, Linde und RWE schärfere Sanktionen an.

Und die Linkspartei, die sich auf ihrem Cottbusser Parteitag als Vorkämpferin gegen Rechtsradikalismus, Antisemitismus und Atomenergie feierte? Treibt sie den Kampf gegen den iranischen Faschismus, Antisemitismus und Atomwahn voran? Nutzt sie, was bitter notwendig wäre, die Möglichkeiten einer parlamentarischen Opposition, um die Regierung hinsichtlich der Einlösung ihrer Sanktionsversprechungen vor sich her zu jagen?

Weit gefehlt. Die Linken erwecken den Eindruck, als hätten sie nichts Eiligeres zu tun, als das zu werden, was Chavez, Castro und Ortega in Latein- und Südamerika bereits sind: Der wichtigste Partner des Mullah-Regimes in Berlin.

Schon im April 2006 wollte Fraktionsvorsitzender Lafontaine nach Teheran reisen, um mit Ahmadinejad zu konferieren – ein Unterfangen, das nicht die Linkspartei, sondern das Regime ins Leere laufen ließ. Damals hatte Ahmadinejad gerade seine erste Holocaustleugner-Kampage in Form eines Karikaturenwettbewerbs lanciert. Es war aber nicht der Antisemitismus des iranischen Präsidenten, der Lafontaines Zorn erregte, sondern die „pharisäerhafte“ und „nicht haltbare“ Iran-Politik des Westens. Es sei zwar „bedrohlich, wenn auch der Iran sein Atomprogramm ausbaue“, räumte er ein. Frieden entstehe aber „nicht dadurch, dass man einem Land die Rechte verweigert, die man sich selbst nimmt.“[2] Soll also ausgerechnet Teheran ein Recht auf Atomwaffentechnik haben?

Durchaus! – erklärt Norman Peach, der außenpolitische Sprecher, auf der Homepage der Fraktion Die Linken: „Was man Israel oder Pakistan gewährt hat, kann man dem Iran nicht verweigern.“ Der Westen solle seine Forderung nach einem Stopp der iranischen Urananreicherung aufgeben.[3] Diese Logik ist famos: Ob die Führung eines Landes vom Märtyrerkult besessen ist oder nicht, ob sie einen anderen Staat erklärtermaßen auslöschen will oder nicht – all das scheint Peach egal zu sein. Nach dieser Gleichung hätte man die Atombombe, die Roosevelt Anfang 1945 besaß, einem Hitler „nicht verweigern“ dürfen.

Bis heute hat Die Linke im Bundestag noch jeden Versuch, das Mullah-Regime unter Druck zu setzen, bekämpft. Inzwischen nehmen selbst Teile der Friedensbewegung das islamistische Zentrum in Schutz. „Keine Sanktions- und Kriegsdrohungen gegen den Iran!“ – diese Losung prangte im Jargon der „Dritte-Welt-Bewegung“ auf dem Aufruf zum Hamburger Ostermarsch 2008. Sie hätte genau so gut „Atomwaffen für das Mullah-Regime!“ heißen können.

Und was ist mit der Tatsache, dass im Iran Frauen malträtiert, Schwule öffentlich aufgehängt, Bahais erschossen, Gewerkschafter gefoltert und „Sünder und Sünderinnen“ gesteinigt werden? Hören wir uns an, was die Autoren des Gesprächskreises „Frieden und Sicherheitspolitik“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung in ihrem umfangreichen Iran-Dossier dazu sagen: „Am konsequentesten und unbeirrtesten“ fabulieren sie im schönsten Honecker-Deutsch, artikuliere die iranische Führung die „Ablehnung einer expansiven Transplantation des westlichen Wertemodells“. Ein Partner also im Widerstand? „Zum iranischen Entwicklungsweg“, heißt es weiter wörtlich, „sollte grundsätzlich eine Haltung bezogen werden, die als selbstverständlich anerkennt, dass Iran seinen selbstbestimmten, am Islam, der sozialen Spezifik und Werten seiner Gesellschaft orientierten Entwicklungsweg geht.“[4] Fatwa statt Fanta – na Bravo! Da staunt die iranische Opposition und der Marxist wundert sich.

Dieses von der Luxemburg-Stiftung im Oktober 2006 veröffentlichte Papier tut die iranische Holocaust-Leugnung und Vernichtungsankündigung gegen Israel mit kaum zwei Sätzen ab. Die Nonchalance gegenüber der Androhung eines neuen Genozids und die Ablehnung jeglicher Sanktionspolitik durch die Bundestagsfraktion machen deutlich, wie wenig die Katastrophe Auschwitz und der Vernichtungsantisemitismus der Nazis das Bewusstsein dieser Linken in Wirklichkeit tangiert. Sie zeugen darüber hinaus von einer ideologischen Panzerung wider die Realität, die ihresgleichen sucht. Offenkundig hat die eingeschliffene Gegnerschaft zu den USA und Israel die Fähigkeit zerstört, neue Formen des Antisemitismus und die Bedrohung Israel mit Massenvernichtungswaffen auch nur zu erkennen, geschweige denn dagegen anzugehen. Doch gilt auch heute das Wort von Georg Steiner, der 1940 den Nazis knapp entkam: „Die Menschen sind mitschuldig an allem, was sie gleichgültig lässt.“

Und die Zeitbombe tickt. Seit 1945 hat sich die Welt an die Vorstellung von Atomwaffen im Besitz von säkularen oder halb-säkularen Mächten gewöhnt. Im Iran sind wir mit etwas Neuem konfrontiert. Hier wird erstmals das Zerstörungspotential der Bombe mit dem Furor des erklärten Religionskriegs, mit Mahdi-Glaube und Märtyrerideologie, vereint. Es ist die Ankopplung an eine globale religiöse Mission, die das iranische Atomprogramm zur gegenwärtig größten Gefahr auf dem Globus macht. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine iranische Atombombe zum I. Weltkrieg des 21. Jahrhunderts führt, ist einfach zu groß, als dass man es darauf ankommen lassen dürfte.

Dennoch tauchte der Topos „Iranisches Atomprogramm“ auf dem Cottbusser Parteitag nicht auf. Um so dringender steht die Ausweitung der laufenden parteiinternen Israel-Debatte auf die Iranpolitik an. Wer ausgerechnet Ahmadinedschads Iran vor Amerika zu schützen sucht – und zwar selbst dann, wenn es um den letzten Versuch einer friedlichen Lösung, um harte Sanktionen also geht –, bereitet eben jenem Szenario den Weg, das zu verhindern er sich auf die Fahne geschrieben hat: die militärische Konfrontation. Wenn Teheran nicht unverzüglich und massiv – auch mit Sanktionen – unter Druck gesetzt und vor die Alternative gestellt wird, entweder seinen Atomkurs zu ändern oder verheerende ökonomische und politische Schäden zu erleiden, bleibt nur die Wahl zwischen einer [5]schlechten Alternative – der militärische Option – oder einer schrecklichen, der iranischen Bombe.


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[1] Iran and the Inspectors, in: New York Times, May 28, 2008.

[2] „Wir können nicht warten, bis Bush etwas merkt“, Gespräch mit Oskar Lafontaine, in: Neues Deutschland, 13. Februar 2006.

[3] Tilmann Steffen, Linke sieht Westen im Streit mit Iran unterlegen, siehe unter: www.linksfraktion.de.

[4] Dr. Arne Seifert, Wolfgang Grabowski, Prof. Dr. Hans Jürgen Krysmanski, Prof. Dr. Claus Montag, Prof. Dr. John Neelsen, Prof. Dr. Werner Ruf, Jochen Scholz, Dr. Peter Strutynski, Joachim Wahl, Anti-iranische Offensive: Mehr als ein Atomstreit. Aus dem Gesprächskreis ,Frieden und Sicherheitspolitik’ der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Oktober 2006 (http://www.rosalux.de/cms/index.php?id=13693&type=0 )





Quelle: Blog von Matthias Küntzel

9. Juni 2008

Was der Westen über den Islam wissen sollte...

Ich bin im Netz auf einen sehr interessanten Film über den Islam gestoßen.
Wer 1 Stunde 40 Min Zeit hat, sollte sich darauf einlassen.

30. Mai 2008

Eröffnungsrede zur kritischen Islamkonferenz

Ralph Giordano

„NICHT DIE MIGRATION, DER ISLAM IST DAS PROBLEM“

Eröffnungsrede zur „Kritischen Islamkonferenz – Aufklären statt Verschleiern“ am 31. Mai 2008 um 10.00 Uhr im Hörsaal der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Kölner Universität, Gronewaldstraße 2, Köln-Lindenthal

Verehrte, liebe Mina Ahadi, lieber Michael Schmidt-Salomon, liebe muslimische und nichtmuslimische Freundinnen und Freunde, wenn anwesend auch Gegnerinnen und Gegner dieser Tagung, meine Damen und Herren, ich begrüße die „Kritische Islamkonferenz – Aufklären statt Verschleiern“ als ein Pflasterstein auf dem Wege zu einer fortschrittlichen Islamkritik, die notwendiger ist denn je, und als einen weiteren Stein auf der Straße zu einer Interessensvertretung säkularer Muslime, die immer noch in den Anfängen steckt.

Dabei soll hier die programmatisch gedachte Einleitung „Nicht die Migration – der Islam ist das Problem“ in keinem andern Namen als dem meinen sprechen, in der Hoffnung großer Übereinstimmung mit dem Geist dieser Zusammenkunft. Das allerdings in einer zu ihren Gunsten veränderten Situation: Ein von feigen Politikern partei- und regierungsübergreifend verdrängtes und geschöntes Problem der deutschen Innen- und Außenpolitik hat sich im letzten Jahr mit der Kraft eines Naturereignisses Bahn gebrochen und sich einen Dauerplatz im öffentlichen Diskurs der Nation erkämpft – ein neuer Abschnitt in der Migrationsgeschichte Deutschlands.
I.

Zur Chronologie: Am 11. Mai 2007 fand auf Initiative des „Kölner Stadtanzeigers“ unter Leitung seines Chefredakteurs Franz Sommerfeld vor laufender Kamera ein Gespräch statt zwischen Bekir Alboga, Vorsitzendem der Türkisch-islamischen Union der Anstalten für Religion DITIB, und mir. Das Thema: Der Bau einer zentralen Großmoschee in Köln-Ehrenfeld. Die Runde dauerte eine Dreiviertelstunde, gezündet aber hatte schon ihr Anfang - meine öffentliche Aufforderung an Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma: „Stoppen Sie diesen Bau, der ein Anspruch auf Macht und Einfluß ist, ein Zeichen integrationsfeindlicher Identitätsbewahrung, ein falsches Signal und verräterischer Schritt zu weit nach vorn. Zwischen Hinterhofmoschee und zentraler Großmoschee gibt es zahlreiche Abstufungen ohne den Abschreckungseffekt, den das Köln-Ehrenfelder Reißbrettmodell provoziert.“

Die Wirkung war explosiv – und das nicht nur am Ort des Gesprächs.

Am 16. Mai 2007 ins Internet gestellt, hatte der Protest ganz offenbar etwas ausgesprochen, was sehr vielen Menschen auf der Seele lag. Anders ist die geradezu sturzflutartige Lawine nicht zu erklären, die die lokale Dimension sofort sprengte, rasch in den Alltag der öffentlichen Berichterstattung einzog und bundesweit aufdeckte, daß da etwas allgegenwärtig und hochbewußt vor sich hinschwelte, ohne sich aber bisher artikuliert zu haben: die Furcht vor einer schleichenden Islamisierung.

Binnen kurzem erreichten mich Hunderte und Aberhunderte von Briefen, Faxen und Telefonaten, mit einem ebenso einheitlichen wie bestürzenden Tenor: „Wir teilen Ihre Befürchtungen, wagen aber nicht, sie öffentlich auszusprechen, weil wir dann in die falsche, rassistische, neonazistische Ecke gestellt werden – wo wir nicht hingehören.“

Es war ein geradezu überwältigender Beweis, wie wirksam in Deutschland immer noch das niederträchtigste aller niederträchtigen Totschlagargumente der political correctness ist: „Wer gegen den Bau von Großmoscheen ist oder gar den Islam kritisiert, der macht die Sache der Nazis von heute“. Ich kenne keine schamlosere Ausbeutung des generationsüberhängenden Schulddrucks aus der Nazizeit an den schuldlosen Generationen von heute, als diese Chefanklage deutscher Umarmer, Gutmenschen vom Dienst, Multikulti-Illusionisten, xenophiler Einäugiger und unbelehrbarer Beschwichtigungsdogmatiker. Darunter nicht zuletzt maßgebliche Politiker der 68er. Mit Erschrecken registriere ich, wie unfähig gerade sie sind, ihre Denkmuster von Toleranz und Antirassismus angesichts einer neuen Lage in der Migrantenszene auch einer Neudefinition zu unterziehen und dabei die intellektuellen Wertmesser ihrer Jugend in Frage zu stellen. Stattdessen tragen sie weiter dazu bei, daß ein großer Teil der deutschen Gesellschaft immer noch auf ihre infame Diskriminierungsformel starrt wie der Vogel auf die Schlange, zungengelähmt und in eingeschüchterter Defensive.

Eine andere Gefahr für die Islamkritiker kommt von rechts, von falschen Bundesgenossen und Schulterklopfern, die aus ganz anderen, aus rassistischen Motiven gegen muslimische Sakralgroßbauten und islamische Riten, Sitten und Gebräuche sind.

Auch davon weiß ich ein Lied zu singen.

Hatte die braune Truppe im Kölner Stadtrat, einzige Fraktion gegen den Bau der Moschee, nach meinem Protest doch laut getönt: „Giordano auf Pro-Köln-Kurs!“ Woraufhin ich sie: „die zeitgenössische Variante des Nationalsozialismus“ nannte, „die, wenn sie könnte wie sie wollte, mich in eine Gaskammer stecken würde.“ Das ist, zugegeben, starker Tobak, der mir denn auch die Androhung eines Verfahrens einbrachte (dem ich, falls es eröffnet wird, mit freudiger Erregung entgegensehe). Aber hier verläuft die Schmerzgrenze, offenbart sich das Kernproblem, ein politisches Prinzip - die klare Abgrenzung der eigenen Kritik am Islam gegenüber den Motiven des deutschen Rechtsextremismus und –populismus.

Es ist also ein Kampf an zwei Fronten: gegen die Instrumentalisierungsversuche der Rechten und gegen die Diskriminierung von links. Die eine ist so tückisch wie die andere, die linke jedoch meinungsmachend. Es ist die Ecke, aus der mir immer wieder souffliert wird: „Giordano, gerade Sie als Jude sollten sich doch für Minderheiten stark machen…“

Hier meine Antwort: Es sind gerade die unterm Hakenkreuz bitter erkämpften Kriterien, die Erfahrungen als Angehöriger einer damals tödlich bedrohten Minderheit, die mich heute alarmieren und sensibilisieren für die Gefahren, die vom politischen und militanten Islam drohen. Ich brauche mich hier nicht als Anwalt von Minderheiten auszuweisen, war ich doch fast mein ganzes Leben nichts anderes gewesen als das. Die Trauerrede, die ich nach dem Verbrennungstod von fünf Türkinnen am 29. Mai 1993 in Solingen auf Aufforderung der hinterbliebenen Familie Genc an der Mordstätte gehalten habe, war, ist und wird für immer das programmatische Credo meines Kampfes gegen Fremden- und Ausländerhaß sein. Der Schutz der muslimischen wie auch anderer Minderheiten gegen alle Angriffe ausländer- und fremdenfeindlicher Gesinnungen bleibt jedermanns selbstverständliche, von sonstigen interkulturellen Meinungsverschiedenheiten, Gegensätzen und Unstimmigkeiten unabhängige Pflicht - eine Ehrensache der Nation! Denn natürlich gibt es in Deutschland Ausländer- und Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassenhaß, wer wüßte das besser als ich? Nur hat meine Kritik am Islam und an von ihm mitprägten Zuständen in den Parallelgesellschaften der türkisch dominierten muslimischen Minderheit in Deutschland nicht das mindeste damit zu tun.

Deshalb also wird auch allen künftigen Versuchen, diese Kritik mit dem Hinweis auf falsche Bundesgenossen oder auf die Schmähungen der political correctness mundtot zu machen, ein dreifaches Nein entgegengesetzt.

Ich mime hier nicht den Türkenschreck, ich bin kein Antimuslim-Guru, ich habe nicht zum Bürgerkrieg aufgerufen. Meine Einmischung in diesen Konflikt richtet sich nicht, wie mir immer wieder unterschoben wird, gegen die Muslime in Deutschland - würde das doch eine Homogenität vortäuschen, die die Verbandsfunktionäre fälschlicherweise immer wieder reklamieren. Meine Einmischung richtet sich vielmehr gegen alle, die ein anderes als das demokratische Deutschland im Sinne haben. Gegen sie habe ich das Wort ergriffen und werde es weiter ergreifen. Und das an der Seite kritischer Muslime und demokratiefester, antirassistischer Nichtmuslime.

Man braucht aber, verdammt noch mal, kein Überlebender des Holocaust zu sein, um mit bürgerlichem Selbstbewußtsein den erschreckenden Erscheinungen entgegenzutreten, die uns von einer total verfehlten Immigrationspolitik beschert worden sind.

Heute kann mit Genugtuung gesagt werden, daß der inzwischen bundesweit gestreute Protest gegen die Absichten einer schleichenden Islamisierung das Problem endlich aus der Schmuddelecke des deutschen Rechtsextremismus und –populismus herausgeholt und ihn zu einer seriösen Institution des öffentlichen Diskurs gemacht hat.

Dabei ist nicht die Moschee - der Islam ist das Problem. Ist er reformierbar, ist er modernisierbar? Sind Islam und Scharia, das islamische „Rechtssystem“, in Übereinstimmung zu bringen mit Demokratie, Menschenrechten, Meinungsfreiheit, Pluralismus und, dies der Kernpunkt überhaupt, mit der Gleichstellung der Frau?

Fragen, von denen die Bundesrepublik Deutschland durch die Existenz einer großen muslimischen Minderheit unmittelbar berührt wird - und auf die die Kronzeuginnen und Kronzeugen unserer Tage, kritische Muslima und Muslime, ihre Antworten geben.

II.

Ich zitiere:

„Es beschämt uns, daß Gewalt gegen Frauen ein islamisches Problem ist; es beschämt uns, daß Gewalt gegen Kinder ein islamisches Problem ist; es beschämt uns, daß Gewalt gegen Andersgläubige ein islamisches Problem ist. Und es beschämt uns, daß dies von Islamverbänden geleugnet wird.“

So Necla Kelek. Aber sie bleibt nicht bei der Klage stehen, sondern stellt das Alternativmodell vor, eine Art Gegen-Charta:

„Wir leben in einem säkularen Gemeinwesen, das Staat und Religion trennt. Eine Werteordnung, die die moralische Verfassung Europas darstellt. Das ist mit Koran und Sunna nicht möglich. Ihre Lehren gewähren den Menschen diese Freiheit nicht. Das ist der elementare Unterschied, der den `Scharia-Islam´von den Säkularen trennt. Warum sagen die Islamverbände nicht ehrlich, daß sie diese Werteordnung ablehnen?“

Weil es in den Grundsatzfragen mit diesen Verbänden keinen Konsens gibt – die Unzahl vergeblicher Sitzungen der Arbeitsgruppen bestätigen es auf das Deprimierendste. Insider belegen, daß die Vertreter des sogenannten Koordinierungsrats der Muslime nichts Substantielles zur Debatte über Verfassungs- und Werteverhältnisse beigetragen haben. Auch ist aus den Reihen der muslimischen Gelehrten niemand aufgestanden, um sein Verhältnis von Islam und Demokratie offenzulegen. Beobachter haben vielmehr den Eindruck, daß es den Vertretern des Koordinierungsrats vor allem darum geht, einen staatlichen Vertrag über das ungestörte religiöse Leben der hiesigen Muslime auszuhandeln. Das Gegenprogramm zu kritischen Muslima und Muslimen.

Wollen sie doch gerade nicht auf ihre muslimische Identität reduziert werden, sondern hier sein als integrierte Bürgerinnen und Bürger deutscher Nationalität; nicht zu Import- oder Ferienbräuten degradiert werden, sondern als junge Frauen und Männer selbst entscheiden ob, wann und wen sie heiraten wollen. Eine Eigenbestimmung also, die nur allzu vielen Frauen in den türkisch dominierten muslimischen Parallelgesellschaften Deutschlands immer noch vorenthalten wird. Die Deklassierung der Frau ist ein kulturimmanenter Bestandteil des Islam, und so alt wie er selbst. Der Unterschied zu früher besteht nur darin, daß sich dieser Status quo durch die massenhafte Immigration von Muslimen in nichtmuslimische Länder konfrontiert sieht mit der Forderung nach Korrektur gemäß der Charta der Menschenrechte.

Das letzte Opfer einer wahnsinnigen Auffassung von „Familie und Ehre“ war die sechzehnjährige Afghanin Morsal Obeidis in Hamburg, getötet von dem dreißigmal straffällig gewordenen Bruder, der eigentlich im Gefängnis hätte sein müßen, aber Haftaufschub hatte – das Todesurteil für die Schwester, die integriert leben wollte.

Muslimische Frauen und Mädchen stehen hier in Deutschland zu Tausenden unter dem allgegenwärtigen Druck, von Verwandten ermordet zu werden. Wobei mangelnder Zeugenschutz den potentiellen und faktischen Mördern buchstäblich in die blutigen Hände arbeitet. Auf den Staat als Helfer jedenfalls warten die Bedrohten bisher vergeblich. Auf der fünfzehnjährigen Gedenkfeier des Solinger Massenmords am 27. Mai 2008 hat der Innenminister bei der Aufzählung, vom wem die Demokratie bedroht wird, kein Wort über das riesige muslimische Konfliktpotential verloren – die Scheu, die Dinge beim Namen zu nennen, war förmlich greifbar.

Dabei steht der Islam steht auf dem Prüfstand der Geschichte. Und es sind vor allem muslimische Kritiker, die ihn dahin befördert haben, international bekannte Persönlichkeiten, auf die die ganze Welt hört, Denker, Dichter und Schriftsteller, die genau wissen, daß das Schwert eines gnadenlosen Fatwa-Islam über ihnen schwebt und jederzeit zuschlagen kann - und die dennoch nicht schweigen.
Einer von ihnen ist Abbas Baydoun, Jahrgang 1945 und langjähriger Feuilletonchef der libanesischen Tageszeitung „As-Safir“. Er schrieb, ich zitiere:

„Allzu oft jubelten wir unseren echten und großen Tyrannen zu, in der Erwartung, die versprochene Stunde der Rache am Westen bräche nun an. Heute scheint es, daß viele unserer Intellektuellen in ihrem Innern einen kleinen Bin Laden großziehen und neuerlich mit der historischen Rache um jeden Preis winken – selbst wenn es sich um die Zerstörung der Kultur, das Wegsperren von Frauen oder darum handelt, Afghanistan aus lauter verzweifelter Rachsucht den Kampfbombern eines Georg W. Bush auszuliefern.“

Und weiter:

„Womöglich beten jetzt viele bei uns darum, daß der Rassismus des Westens und die amerikanische Paranoia sich verstärken, denn auf diese Weise fänden wir eine neue Ausrede, nicht in den Spiegel zu sehen. Auf diese Weise könnten wir erneut in die Wahnvorstellung von der kollektiven Unterdrückung eintauchen, um uns den Anblick eines fürchterlichen Gesichts zu ersparen, des Gesichts eines andern Islam, des Islam der Isolation und der willkürlichen Gewalt, der nach und nach die Oberhand gewinnt und bald, während wir auf den Höhepunkt unserer Verblendung zusteuern, unser tatsächliches Gesicht sein wird.“

Ich frage mich: Was sind Salman Rushdies „Satanische Verse“ gegen dieses Verdikt von Abbas Baydoun? Bedenken wir: Es ist ein Muslim, der hier Schluß macht mit der bequemen Delegierung der Verantwortlichkeit für die endogenen, also die eigenen, selbstverursachten Übel und Mißstände der islamischen Welt – statt, wie üblich, dafür „Europa“, den „Großen Satan USA“ oder den „Kleinen Satan Israel“ zu bezichtigen. Es ist ein Muslim, der hier die Unfähigkeit der islamischen Welt zur Selbstreflexion anprangert, die durch die eigenen Eliten verursachte Rückständigkeit, und der die daraus entstandenen aggressiven Minderwertigkeitskomplexe beim Namen nennt.

Einer aber geht noch weiter, geht aufs äußerste, und da erschrickt nun jeder, der weiß, wie es dort zugeht, woher er kommt – ich spreche von Zafer Senocak, dem großen türkischen Schriftsteller. Es sind nicht mehr als zwei Sätze, aber sie haben die Sprengkraft einer geistigen Atombombe – ich zitiere:

„Kaum ein islamischer Geistlicher, geschweige denn ein frommer Laie ist willens und in der Lage, das Kernproblem in der Denkstruktur des eigenen Glaubens zu sehen. Sie sind nicht bereit zur kritischen Analyse der eigenen Tradition, zu einer schonungslosen Gegenüberstellung ihres Glaubens mit der Lebenswirklichkeit in der modernen Gesellschaft.“

Liebe Anwesende – Muslime wie diesen bräuchte niemand auf der Welt zu fürchten.

Aber was Zafer Senocak da sagt, und was kein Europäer, Amerikaner oder Israeli je zu sagen gewagt haben würde, hat drei beängstigende Aspekte, die alle einen Ursprung haben: die Krise des Islam.

Erster Aspekt: Ein riesiger, revolutionsüberreifer Teil der Menschheit, die „Umma“, also die gesamte Gemeinschaft der Muslime, so differenziert sie auch in sich ist, droht an ihrer eigenen kultur- und religionsbedingten Rückständigkeit und Unbeweglichkeit zu ersticken. Gleichsam ein dröhnendes Ausrufezeichen dazu: die gespenstische Existenz, die Talmiwelt der Öl-Billionäre am Golf, das Fettauge auf der Bodenlosigkeit eines goldstrotzenden Zynismus - das kann nicht gut gehen.

Der zweite Aspekt: Die tiefsten Wurzeln des weltweit ausgeübten Terrors im Namen Allahs liegen in den ungeheuren Schwierigkeiten, die der Islam bei seiner Anpassung an die Moderne hat – der Terror ist das Ziehkind seiner Krise!

Und drittens: Immer dunkler fällt über das gerade begonnene 21. Jahrhundert ein Schatten, von dem es sich tödlich bedroht sieht – der Schatten eines neuen, eines - nach Hitler und Stalin - dritten Totalitarismus.

Die historischen Vergleichsmöglichkeiten sind alarmierend genug: Absolute Entgrenzung der Gewalt, und ihre ebenso absolute Rechtfertigung; Ausrufung von Gewalt als revolutionäre Notwendigkeit; und ein Feindbild von Menschen als Schädlingen auf Grund ihrer Rassen-, Klassen- oder Religionszugehörigkeit.

Es ist die Bedrohung der kulturellen und geistesgeschichtlichen Wurzeln unseres Kontinents durch den Sieg des islamisch-fundamentalistischen Gottesstaats über die Welt.

Ich glaube nicht daran, daß diese wahnsinnigen Fiktionen Wirklichkeit werden. Aber schon der Versuch könnte die Welt zuschanden machen - und nicht nur die islamische.

Wenn es denn stimmen sollte, daß es einen Unterschied zwischen Islam und Islamismus gibt (was kritische Muslime bestreiten), dann sollte der Islam diesen Islamismus möglichst bald von innen her besiegen.

Denn von außen kann er nicht besiegt werden.

Wir aber müssen wissen, was mit dem 11. September 2001 Einzug in die Geschichte gehalten hat: Ein neues Zeitalter weltweiter Furchtverbreitung. In diesem Kontext hat Deutschland bis zur Stunde Glück gehabt – die beiden Kölner Kofferbomben haben nicht gezündet, und drei andere Täter mit acht Attentatsplänen konnten rechtzeitig festgesetzt werden. So braucht es nicht zu bleiben. Was dann?

An dieser Stelle sei ein kleiner Einschub erlaubt – zu den unvergessenen Reaktionen einer spezifischen Linken auf den Horror jenes Septembertags vor nunmehr fast sieben Jahren.

Ich habe mein ganzes Leben lang, vor und nach der Befreiung, Schwierigkeiten gehabt, zu hassen, obwohl ich genügend persönlichen Grund dazu gehabt hätte - und das ist mir auch gelungen. Aber dann, spät, habe ich es doch noch gelernt – als ich die ersten Verlautbarungen aus dieser Ecke auf die Anschläge von New York, Washington und Pennsylvania über mich ergehen lassen mußte: nämlich daß „Ground zero“, der Anschlag auf die Twin Towers – ich zitiere – „die Ersatzsprache der Gewalt ist, weil berechtigte Anliegen nicht gehört worden sind, eine Reaktion darauf, daß den Armen der Welt jedes Verständnis versagt wurde…“ Diese Camorra der Einäugigen mit dem Zynismus ihrer inneren Beziehungslosigkeit zu den Verbrannten, Zerquetschten, zu Staub Zermahlten, bei gleichzeitig infamer Glorifizierung der Mörder als Arm rächender Gerechtigkeit – diese verkommene deutsche Linke hat mich dann doch noch zu hassen gelehrt.

Und eine hoffentlich nie realisierte Vision gezeugt: Der Kölner Dom durch bin Ladens Jünger mit Tausenden von Toten und Verletzten planiert. Und mitten im Chaos dann, hinzugeeilt und rauchgeschwärzt, die Stockhausens, Teweleits, Peymanns, Drewermanns und Co. – dabei, die noch sprechfähigen Überlebenden flehentlich aufzufordern, den Anschlag doch bitte als einen Krieg der Schwachen zu verstehen, denen der Dialog verweigert wurde, als einen Beweis enttäuschter Liebe, dem man Verständnis entgegenbringen müsse… Ich kann all diesen selbsternannten Fürsprechern der sogenannten Dritten Welt ziemlich genau voraussagen, was ihnen in solch hoffentlich nie realisiertem Fall blühen würde – nämlich an Ort und Stelle gelyncht zu werden.

Diesen Placken mußte ich mir hier von der Seele reden.

III.

Noch einmal: Eine total verfehlte Immigrationspolitik mit ihren falschen Reaktionen auf den NS-Schulddruck hat Deutschland vor ein Problem mit noch unabsehbaren Folgen gestellt.

Es waren falsche Reaktionen auf das große Nazi-Trauma, die allergische Furcht der Deutschen vor internationaler Ächtung als Fremden- und Ausländerfeinde, die die Bundesrepublik daran gehindert hat, sich nach dem Zustrom von Millionen vorwiegend türkischer „Gastarbeiter“ während der 60er und 70er Jahre mit den Kontrollregularien und den Gesetzen eines Einwandererlandes auszustatten. Dieses Versäumnis hatte ab den 80er Jahren jene gewaltige Zuwanderungswelle von Familienangehörigen, Eingeheirateten oder vorgegebenen Verwandten zur Folge, bei der die berechtigten Eigennutzinteressen des Aufnahmelandes und der Mehrheitsbevölkerung völlig außer acht gelassen, die Sozialkassen aber kräftig beansprucht wurden.

Es ist der Zusammenstoß zweier grundverschiedener Kulturen, der eine völlig neue Situation geschaffen hat.

In der einen, der judäo-christlichen, der die Bundesrepublik zugehörig ist, hat sich das liberale Muster durchgesetzt - nach dunkelsten Geschichtsperioden und blutigen Konfessionskriegen über Renaissance, Aufklärung, bürgerliche Revolutionen und ihre Fortschreibung in den egalitären demokratischen Verfassungsstaat. In der anderen Kultur, der islamischen, ist nach zivilisatorischen Glanzzeiten, die das Abendland nur beschämen konnten, bei aller inneren Differenzierung dennoch eine gemeinsame patriarchalisch-archaische Stagnation zu verzeichnen: gehorsamsorientiert, säkularitätsfern, auf Ungleichheit der Geschlechter, elterliche Kontrolle, Selbstdisziplinierung und fraglose Anerkennung von religiösen Autoritäten fixiert. Es ist der Zusammenstoß zwischen dieser persönliche Freiheiten tief einengenden, traditions- und religionsbestimmten Kultur mit einer nach langen Irrwegen freien, individualistisch geprägten, vorwiegend christlichen, aber dennoch säkularen Gesellschaft, die Salman Rushdie einmal aphoristisch-salopp so charakterisiert hat:

„Küssen in der Öffentlichkeit, Schinkensandwiches, offener Streit, scharfe Klamotten, Kino, Musik, Gedankenfreiheit, Schönheit, Liebe…“

Dazu sage ich: „Ja!“. Und höre schon den Vorwurf: da werde pauschalisiert, werde generalisiert und nicht genügend differenziert… Nein, nein - das Bestürzende an dieser komprimierten Gegenüberstellung ist ja gerade, daß ihre Schwarz-Weiß-Zeichnung der essentiellen Wirklichkeit beider Kulturen entspricht. Das ist ja das Erschreckende daran, was nicht aus der Welt geredet werden kann. Und es prallt hier bei uns aufeinander, eine so nicht voraussehbare Begegnung mit einem vorprogrammierten Konfliktpotential, das sofort das Stichwort vom „Clash of the cultures“ provoziert, also Samuel Huntingtons vielzitiertem und vielumstrittenem „Zusammenstoß der Kulturen“.

In Deutschland hat sich der Konflikt immer deutlicher auf die Auseinandersetzung zwischen Mehrheitsgesellschaft und türkisch dominierter muslimischer Minderheit zugespitzt. Gibt es doch mit keiner anderen Migrantengruppe soviele Schwierigkeiten wie mit ihr.

Das hat seine Stichworte. Eines davon: der „Krieg gegen die Empirie“. Erfunden von einem klugen Kollegen der konservativen Presse und gerichtet gegen notorische Wirklichkeitsverweigerer nach dem Motto, „daß nicht sein kann, was nicht sein darf.“ Für sie bedeutet jede Kritik eine Provokation von Muslimfeinden, gegen die mit rabulistischer Rhetorik zu Felde gezogen wird – „schneiden, stechen, reißen und zerren sie doch mit stumpfen Ausbeinmessern an ihren Opfern herum…“

So lesen wir es, wie poetisch, etwa bei Feridoun Zaimoglu, Schriftsteller und Kriegsberichterstatter an Deutschlands Migrationsfronten.

Wer fragt, „warum immer mehr und immer jüngere Mädchen aus muslimischen Familien das Kopftuch tragen, und ob das nun ein Zeichen religiöser Selbstbestimmung von Zwölfjährigen sei oder eine von den Eltern verordnete Zwangsmaßnahme?“ – wer so fragt, betreibt nach Zaimoglu antiislamische Hetze. Abmeldungen beim Sportunterricht, fehlende Deutschkenntnisse bei zwei Dritteln der Kinder aus Migrantenfamilien; türkische Jungen, die Mädchen ohne Kopftuch als „Schlampen“ beschimpfen, und ihre Lehrerinnen gleich mit? – nach Zaimoglu alles Halluzinationen von Muslimfeinden. Die häufige Betroffenheit türkischer Frauen durch Gewalt in den Paarbeziehungen, die Zwangsehe im türkischen Milieu, die unsägliche Perversität von „Ehrenmorden“? – nichts als die Erfindungen muslimfeindlicher Schmierfinken! Wie auch bildungswidrig sozialisierte Migrantenkinder, der Einfluß des türkischen und arabischen Fernsehens, Haßprediger – alles Ausgeburten bekennender Türkenfeinde.

Und in der Tat, hier findet eine Art Krieg statt, ein Krieg gegen die Wirklichkeit, gegen das jederzeit Nachprüfbare. Es ist die stumpfe Waffe einer reflexhaften Schutzreaktion auf grundgesetzwidrige Interna, die aus den Parallelgesellschaften nicht nach außen dringen sollen. Die Kraft, sich der Wirklichkeit zu stellen, ist abhanden gekommen, und die Verwandlung von Tatsachen in Meinungen ein Merkmal des „Kriegs gegen die Empirie“.

Ein anderes Stichwort in dieser Auseinandersetzung – Taqiyya.

Es ist die vom Koran sanktionierte Erlaubnis, im Kampf gegen die „Ungläubigen“ zu täuschen, sich zu verstellen und zu lügen, sozusagen eine geheiligte Schizophrenie. Im Klartext aber ein System, anders zu denken als zu sprechen, und zu sprechen als zu denken, ein üppiger Nährboden also für Lippenbekenntnisse. Und die hagelt es nur so.

Auf diesem Gebiet hat es ein Mann zu wahrer Meisterschaft gebracht, der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime in Deutschland und ein versierter Rhetoriker und Praktiker der Taqiyya – Aiman A. Mayzek.

Ich traute meinen Augen und Ohren nicht, als er vom Bildschirm herab behauptete: „Scharia und Grundgesetz sind miteinander vereinbar.“

Eine Ungeheuerlichkeit, die er auf meine persönliche Frage an ihn während der Aschaffenburger Gespräche mit Guido Knopp 2007 bei Phoenix ungebremst wiederholte: „Ja, Scharia und Grundgesetz sind miteinander vereinbar.“

SteinigungAha! Auch Abschnitt 104 der Scharia, des geltenden islamischen Rechts - die Steinigung? Dem „Spiegel“ waren kürzlich so entsetzlicher- wie dankenswerterweise Einzelheiten der Vollstreckung im Iran zu entnehmen. Danach findet die Hinrichtung im Freien statt, das Opfer bis zur Brust eingegraben. Den ersten Stein darf der Richter werfen. Er sorgt auch für den Mindestabstand zum Opfer und für die Auswahl der Steine. Sie dürfen nicht so groß sein, daß die Eingegrabenen gleich sterben, wiederum aber auch nicht so leicht, daß ihnen keine schweren Schmerzen zugefügt werden. Zuschauen darf jeder, er muß nur gläubig sein. Gemäß der Scharia sind im Iran Mädchen mit 9, Jungen mit 15 Jahren strafmündig, also scharia-fähig.

Ich entdecke mich dabei, daß ich mit einer „Kultur“, in der dergleichen möglich ist, nichts, aber auch gar nichts zu tun haben und davon nicht angetastet werden will. Und daß es mich nicht im mindesten tröstet, daß solche Abschlachtungen nicht in allen Ländern des Islam praktiziert werden – ungestraft möglich wären sie jedenfalls überall dort, wo die Scharia gilt. Und die gilt für die ganze Umma.

Der Mann, der diese „Rechtsprechung“ mit dem Grundgesetz für vereinbar hält, und das auch noch öffentlich verkündet, sitzt in den obersten Gremien türkischer Migrationsverbände und verhandelt als einer ihrer Repräsentanten mit der deutschen Regierung. Dahin ist es gekommen.

Meine Auffassung von wehrhafter Demokratie mag altmodisch sein, dennoch bestehe ich auf ihr: Ayman A. Mayzek gehörte sofort ausgewiesen.

Ein drittes Stichwort, nun die deutsche Seite betreffend: Falsche Toleranz. Auch sie eine Reaktion auf den NS-Schulddruck und inflationär verbreitet auf allen Gebieten staatlicher Hoheit, nicht zuletzt der Justiz.

Obwohl vor dem Gesetz alle gleich sein sollten, sind jugendliche Straftäter ausländischer Herkunft offenbar gleicher. Es stimmt etwas nicht, wenn sie nach Dutzenden von Straftaten entweder gar nicht oder nur unzulänglich zur Rechenschaft gezogen werden, während nichtmuslimische Altersgenossen bei analogen Delikten viel härter be- und verurteilt werden.

Danach bekennen Richter dann hinter vorgehaltener Hand: sie wollten doch nicht in den Verdacht des Rassismus und der Ausländerfeindlichkeit geraten.

Ich will hier gar nicht ausführlicher auf jene Akte kommen, die wie ein Stück aus dem Tollhaus ist: den Fall eines 51mal wegen verschiedener Tatdelikte auffällig gewordenen Algeriers - Raub, gemeinschaftliche Körperverletzung, Gefährdung des Straßenverkehrs mit tödlicher Folge, Fahrerflucht… Nun wird die Ausweisung erwogen – nachdem er gegen Bewährungsauflagen verstoßen hat. Der Kommentar von Juristen der Kölner Stadtverwaltung, wörtlich: „Das Mosaik wird langsam voll, aber wir sind skeptisch, ob dies der letzte Stein sein kann.“

Man faßt sich an den Kopf, zumal es Fälle gibt, bei denen mehr als 90 Straftaten zur Ausweisung nicht gereicht haben.

Ein weiteres Stichwort, quasi Ableger der Falschen Toleranz: Die Sicherheitspolitik der Bundesrepublik. Mir unvergeßlich ein Tag im Prozeß gegen den berüchtigten (und inzwischen in der Türkei einsitzenden) sogenannten „Kalifen von Köln“, Muhamet Metin Kaplan. Nachdem während der Verhandlung immer wieder die unglaublichsten Beispiele angeführt worden waren, wie schwächlich gegen Anhänger des fundamentalistischen Islam vorgegangen worden ist, wetterte der Vorsitzende des 6. Strafsenats am Oberlandesgericht Düsseldorf plötzlich lauthals los „gegen das lasche, überängstliche Vorgehen, ja, wehrlose Wegschauen von Polizei, Verfassungschutz und Politik.“

Das aus deutschem Richtermund – der Saal war wie vom Donner gerührt.

Noch steht zur Prüfung aus, was diese Art von administrativer „Vorsicht“ dazu beigetragen hat, daß ausgerechnet Deutschland zum „Parkplatz“ für jene „Schläfer“ werden konnte, die dann hier, mitten unter uns, zu ihrem Todesflug nach Übersee erwachten und dort Tausende von Menschen ermordeten.

Ein weiterer Schwachpunkt deutsch-muslimischer Beziehungen: Der Interreligiöse Dialog. Man muß das selbst erlebt haben, um zu glauben, was da an Selbstbewußtseins – und Identitätsdefiziten zum Vorschein kommt.

Noch ist christlicherseits kein Wort über die Eroberungs- und Kriegsgeschichte des Islam heraus, da wird auch schon, sozusagen für alle Fälle, die Keule der Kreuzzüge geschwungen. Es ist der Anfang eines zwanghaften Rituals: während die Vertreter des judäo-christlichen Weltbildes sogleich in offenbar vorgeprobte Demutshaltungen verfallen, donnert die muslimische Seite unbeirrt alles Westliche so monologisch wie apodiktisch in Grund und Boden. Man stellt konsterniert fest: Den Söhnen Allahs (Töchter gab es dabei natürlich ohnehin nicht), ist Zweifeln unbekannt. Das machte mich bockig, wird da doch etwas sichtbar, was nicht unwidersprochen hingenommen werden darf. Also bohre ich pedantisch nach:

„Ganz richtig, die Kreuzzüge zählten zu den finstersten Abschnitten europäischer Geschichte, währten jedoch kaum mehr als mickrige achtundachtzig Jahre, bevor die Gepanzerten samt ihrem marodierenden Tross auf Nimmerwiedersehen westwärts in die Flucht geschlagen worden sind. Die Bedrohung Europas durch die Grüne Fahne des Propheten, vor allem aber durch das Osmanische Reich zu Wasser und zu Lande bis vor die Tore Wiens, hat fast dreimal solange angedauert!“

So ich in meinem ungestümen Nachhilfeeifer. Aber ach – „Si tacuisses“, hätte ich doch lieber geschwiegen – „philosophus mansisses“, dann wäre ich „ein Philosoph geblieben.“ So aber handelte ich mir neben mimischer Versteinerung der Muslime auch noch christlicherseits den Vorwurf später Ungezogenheit ein: Derart rechthaberisch dürfe man doch wohl mit Gästen nicht umgehen…

Diese „Nachsicht“ ändert natürlich nichts daran, daß das Christentum und seine Geschichte am heftigsten aus den eigenen Reihen kritisiert worden sind und werden, wozu es muslimischerseits bezeichnenderweise kein Pendant gibt. Gerade die Teilnahme am „interreligiösen Dialog“ hat mich gelehrt, daß der Islam eine große emanzipatorische Errungenschaft der Geistesgeschichte nicht kennt: die kritische Methode. Ihrer Natur nach auch tabulos selbstkritisch, hat der Islam ihr den Zutritt verwehrt. Die verstörende Gleichsetzung von Kritik = Beleidigung hat hier ihren Ursprung.

IV.

Tacheles: Die Grundwerte der freien, individualistisch geprägten und säkularen Gesellschaft sind unverhandelbar und stehen nicht zur Disposition. Die Islamverbände haben diesem Prinzip jedoch bisher nicht zugestimmt – Lippenbekenntnisse zum Grundgesetz reichen nicht aus! Die Funktionärsschaft denkt gar nicht daran, eine innere Trennung von Staat und Religion vorzunehmen, Frauen und Männer gleichzustellen oder von den traditionell-islamischen Auffassungen von Familie und Ehre zu lassen. Am Tisch des selbst ernannten Koordinierungsrats sitzen Verbände, die der Verfassungschutz fundamentalistisch nennt, weil die Scharia über die Menschenrechte gestellt werden.

Wir haben es, sozusagen in Nachbarnähe, mit drei Gruppen zu tun.

Die erste: Terroristen, die im Namen Allahs zu morden bereit sind – die physisch gefährlichste, zahlenmäßig aber kleinste Gruppe.

Die zweite: Radikale Muslime, Sympathisanten eines offensiven Islam, zwar in Konsens mit den Terroristen, ohne aber selbst aktiv zu werden – weit zahlreicher als die erste Gruppe und tief integrationsfeindlich.

Die dritte und größte Gruppe, die Mehrheit der hiesigen Muslime – keine Fundamentalisten, keine Extremisten, keine Fanatiker, die sich und andere mit Dynamitgürteln in die Luft sprengen wollen, vielmehr Menschen, wie wir ihnen straßauf, straßab begegnen – und die dennoch ein Problem sind: ein sozio-kulturelles. Gerade die Jüngeren, die dritte, die Generation der Enkelinnen und Enkel. Oft genug zwischen dem Baum ihrer archaisch-patriarchalischen Herkunft, die hier weiterwirkt, und der Borke einer liberalisierten, säkularisierten Gesellschaft, eine der freiesten der Welt, werden sie von dem Zusammenstoß beider Kulturen immer wieder überfordert. Es gibt viele Bücher, viele Filme, die sich dieser Problematik angenommen haben, mit persönlichen Tragödien, die daraus folgen und höchster Anteilnahme wert sind, aber auch manche Beispiele von gelungenen Einordnungen.

Was nichts daran ändert, daß die Integration bisher gescheitert ist.

Nicht, daß es keine individuellen, personellen Einordnungen gibt, im Sinne der eingangs zitierten Charta von Necla Kelek. Es gibt sie zu –Zigtausenden, aber aufs Ganze gerechnet sind sie randhaft geblieben. Dabei können Gesellschaft und Staat an ihrer Expansion nur elementar interessiert sein, und sie sollten deshalb alle Anstrengungen zu ihrer Förderung machen. Wobei aber gleich zwei weitere Fragen auftauchen.

Erstens: Kann es ohne Ent-Islamisierung überhaupt eine wirkliche Integration geben? Verbietet nicht gerade die Absolutheit der islamischen Lehre und des Koran eine gelebte Integration in der westlich orientierten und säkularisierten Gesellschaft?

Und zweitens: Ist das Ziel einer kollektiven Integration der rasch wachsenden muslimischen Minderheit überhaupt realistisch? Was aber, wenn es nicht zu einer kollektiven Einordnung käme, die schrumpfende Mehrheitsgesellschaft und die wachsende muslimische Minderheit jedoch auch dann gewaltlos miteinander auskommen müssen?

Das ist die Schicksalsfrage überhaupt, denn ich glaube nicht an eine kollektive Integration der türkisch dominierten Minderheit. Eine Jahrzehnte lang partei- und regierungsübergreifend falsche Immigrationspolitik hat Deutschland diese enorme innen- und außenpolitische Dauerhypothek beschert.

An dieser Stelle ein Geständnis.

Es gibt in mir einen gewissen Gegensatz zwischen den vom Thema herausgeforderten harschen Tönen und meinen Empfindungen beim Anblick muslimischer Jugendlicher, Mädchen und Jungen. Ich habe dann nur einen, einen einzigen Gedanken: „Es soll ihnen gutgehen, sie sind nun einmal hier – es soll ihnen gutgehen!“ Ich kann keine anderen Empfindungen als diese haben. Also frage ich mich: „Was kann ich dafür tun, wie und was dazu beitragen, daß es ihnen gut geht?“

Ich finde darauf keine andere Antwort als den Kampf um ihre Weltoffenheit, ihre Liberalisierung und ihre Säkularisierung – also um ihre Eingliederung in die freie Gesellschaft der demokratischen Republik. Das ist meine Antwort auf die Frage: „Was kann ich tun, damit es diesen Jugendlichen, Jungen und Mädchen, gut geht?“ Ich lasse mich nicht davon abbringen, daß es der richtige Weg ist. Und auch davon nicht, daß Muslime selbst die größten Feinde dieser Vision sind. Gegen sie kämpfe ich, nicht gegen die Muslime.

Und dabei will ich auch künftig sagen dürfen, was ich meine und was mich beunruhigt!

Ich will auch weiterhin sagen dürfen, daß ich mich aufs tiefste abgestoßen fühle durch den Anblick verhüllter Frauen, und daß sich meine Abscheu nicht gegen sie richtet, sondern gegen ein religiöses Patriarchat, das ihre Vermummung erzwingt. Ich will auch fernerhin sagen dürfen, daß ich die „Scharia“, das islamische „Recht“, für notorisch grundgesetzwidrig halte, für das Fossil überholter Epochen und ein schweres Hindernis auf dem Wege zu einer etwaigen Reformierung und Modernisierung des Islam. Ich will ihn und seine Geschichte, den Koran und die Biographie Mohammeds genau so in die kritische Methode einbeziehen, wie das Alte und das Neue Testament. Ich will die „Spinne im Netz“, Ibrahim El-Zayat, den „Herrn über die Moscheen“ in Deutschland, Generalsekretär des Islamischen Konzils und bekennenden Hamas-Sympathisanten, auch weiterhin löchern mit der Frage: „Was ist wahr an den Gerüchten über den Bau von 187 sakralen Megabauten, die Deutschland in eine Plantage von Großmoscheen verwandeln würde?“ Und ich will den Auftritt des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan in der Köln-Arena vor einem dampfenden Auditorium von 18.000 Köpfen auch weiterhin das nennen, was er mit seiner Doppelforderung „Lernt Deutsch – aber bleibt Türken“, und „Bildet einen Staat im Staat – aber nennt es nicht so“ in Wahrheit war: eine Kriegserklärung an die Integration.
All das will ich im Namen meiner kulturellen Selbstbehauptung sagen und schreiben dürfen, und zwar unter der Überschrift: „Nicht die Migration, nicht die Moschee - der Islam ist das Problem!“

Wo sind wir denn, daß wir uns überlegen müßen, ob unser Tun und Handeln radikalen Muslimen gefällt oder nicht? Wo sind wir denn, daß wir uns in vorauseilendem Gehorsam von religiösen oder anderen Fanatikern vorschreiben ließen, was veröffentlicht werden darf und was nicht? Wo sind wir denn, daß wir in die Knie gehen vor jenen offenbar jederzeit abrufbaren Zorn- und Empörungskollektiven zwischen Istanbul und Djakarta, wie sie uns durch den Streit um die dänischen „Mohammed“-Karikaturen so drastisch vor Augen geführt worden sind? Wie lange sollen wir noch strammstehen vor Traditionen, Sitten und Gebräuchen, die jede Kritik in Beleidigungen umfälschen, selbst aber höchst verschwenderisch mit Verbalinjurien gegen Andersdenkende zur Hand sind? Wenn ich anfangen würde, alles darzulegen, was mich am Islam stört und beleidigt, dann säßen wir noch um Mitternacht hier (und bis morgen früh, wenn sich die Kritik am Christentum und seiner Geschichte anschließen würde).
Ich wehre mich gegen ein Erpresserpotential, das uns unter Beobachtung halten will und mit dem Motto „Wer nicht kuscht, der lebt gefährlich!“ seine Tentakel bis in die Mitte Europas ausgeworfen hat.

Ich werde mir auch weiterhin von der Seele schreiben und reden, was dabei ist, mich auf meine alten Tage das Fürchten zu lehren: der politische, der militante Islam, seine rührigen Aktivisten unter uns, die professionellen Taqiyya-Rhetoriker und –praktiker – und, noch einmal, die deutschen Umarmer, xenophilen Einäugigen, Multikulti-Illusionisten, Sozialromantiker und Beschwichtigungssouffleure. Sie haben wahrlich genug Unheil angerichtet.

An die Stadtspitze von Köln aber noch einmal von hier aus den Appell: „Stoppen Sie das Ehrenfelder Projekt. Zwischen Hinterhofmoschee und zentraler Großmoschee gibt es viele Abstufungen ohne den Abschreckungseffekt, den der derzeitige Reißbrettentwurf so nachhaltig provoziert.“

Und wenn es denn der Preis sein sollte, in diesem Konflikt ohne Schmusekurs alte Freunde zu verlieren und von neuen Gegnern bedroht zu werden, dann bin ich bereit, ihn zu zahlen. Und das wie bisher an der Seite so tapferer Frauen wie Mina Ahadi, Necla Kelek, Seyran Ates, Ayaan Hirsi Ali und aller anderen friedlichen Muslima und Muslime auf der Welt.

Und dies Postcriptum noch: Ich kenne den Unterschied zwischen einem demokratischen und einem anderen Deutschland. Und ich will, daß es dieses demokratische bleibt.



http://www.kritische-islamkonferenz.de/index08.htm

20. Mai 2008

Reise ins Herz des Feindes

Najem Wali: Reise ins Herz des Feindes
VON NAJEM WALI, 13.05.08, 22:44h


Wenn in Israel oder bei uns jemand zur Welt kommt, dann steckt ihm die Geschichte des arabisch-israelischen Kampfes schon in der Nabelschnur. Seit der Ausrufung des Staates Israel am 14. Mai 1948 ist Israel für die arabischen Staaten offiziell das Feindesland Nummer eins geblieben.

Doch eine Frage beschäftigte mich schon als Kind. Wie konnte es diesem irgendwie „allmächtigen“ Land gelingen, „die arabische Nation in Lethargie versinken zu lassen“, wie es die offiziellen Reden glauben machten? Warum glaubten sie zugleich, dass der „Kleinstaat der zionistischen Banden“ unweigerlich „von der Landkarte verschwinden“ werde? Eine überzeugende Antwort fand ich nicht. Für mich gab es auch keine Verbindung zwischen der „Judenfrage“ und der „Palästinafrage“, zwischen den Opfern des Holocaust und den Opfern der israelischen Staatsgründung.

Vielleicht musste ich warten, bis der französische Philosoph Jean-Paul Sartre Israel besuchte, damit ich seinen wichtigen existenzialistischen Grundsatz entdeckte: Lerne erst den anderen kennen, bevor du dir eine Meinung über ihn bildest! Diesen Weg weiterzuverfolgen, bedeutete das nicht mehr, als dem Aufruf nach Anerkennung Israels nachzukommen? Bedeutete das nicht, den anderen anzunehmen und als Partner willkommen zu heißen? Das würde bedeuten, der Tatsache zuzustimmen, dass die Juden neben den Arabern in Palästina leben und beide Seiten verpflichtet sind, ohne Einmischung eines Dritten nach einer Lösung zu suchen, die beide Völker zufriedenstellte. Es gibt keinen Frieden, ohne unmittelbar mit dem anderen zu sprechen und seine Lebensweise kennenzulernen.

Warum fürchten die Herrschenden bei uns diese Wahrheit? Sie fürchten, ihre Landsleute würden erkennen, dass Stillstand und Verwüstung der arabischen Gesellschaften nur in einer Hinsicht mit dem arabisch-israelischen Kampf zusammenhängen: Friede mit Israel wäre das Ende des Opiumrauschs, mit dem die arabischen Herrscher ihre Völker betäuben. Er verursacht die Schwierigkeiten, an denen angeblich Israel schuld ist.

Das Ausbleiben wirtschaftlichen Aufschwungs, die Verschlechterung des Bildungsniveaus, die Ausbreitung fundamentalistischer Ideologien haben mit fehlender Demokratie und den verdorbenen Herrscherfamilien zu tun, mit ihrer Prunksucht und Geringschätzung für ihre Völker - nicht mit Israel. Rohstoffe und menschliche Arbeitskraft würden in den arabischen Ländern für einen Aufschwung ausreichen. Aber was sehen wir? Die Auflösung der Mittelschicht, weil die Politik die persönlichen Freiheiten beschneidet. Bestechung und Günstlingswirtschaft; die Tüchtigen und Gebildeten wandern aus. Was hat Israel damit zu tun?

Israel, das sich in demselben Kampf befindet wie die Araber, hat in derselben Zeit eine moderne Gesellschaft von erstaunlicher wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Stärke aufgebaut. Ja, es gibt Militarismus in Israel. Man muss über die brutale Besatzungspolitik sprechen. Doch überlasse ich dies den israelischen Intellektuellen selbst. Sie sollen für den Frieden kämpfen, so wie es manche bei uns allmählich tun.

Als ich 2007 durch Israel reiste, wurde mir klar, warum sich die arabischen Staaten davor fürchten, dass einer ihrer Landsleute Israel besucht. Sie haben Angst, der Reisende könnte Vergleiche ziehen - etwa zwischen den Rechten der Bürger in Israel und jenen in der Heimat. Er würde den „Arabern von '48“ begegnen, jenen Palästinensern, die Israels Armee nicht zu vertreiben vermochte. Er würde feststellen, dass diese Palästinenser im Prinzip dieselben Grundrechte genießen wie alle anderen Staatsbürger. Dass sie ihre Meinung äußern und ihre Traditionen ausleben dürfen, ohne Furcht, ins Gefängnis geworfen zu werden. Er würde Palästinenser treffen, die ihre Volksvertreter wählen und ihre eigenen politischen Parteien gründen. Wenn der Reisende die Lage dieser Leute mit der seinen vergleicht oder mit der Lage der Palästinenser, die in seinem Land leben - dann könnte er plötzlich das Unrecht sehen, den Betrug, dem Araber in ihren Heimatländern ein Leben lang im Namen „des besetzten Palästinas“ ausgesetzt sind.

Israel hat die Demokratie selbst unter dem Druck des Krieges nicht einfach aufgehoben. Die Bürger in arabischen Ländern aber haben keinen Wert für ihre Staatsführer.

Meine „Reise ins Herz des Feindes“ war der Versuch, die Richtung einzuschlagen, die der ägyptische Literaturnobelpreisträger Nagip Mahfuz 1978 in einem Brief an seinen israelischen Kollegen Sasson Somekh, formuliert hat: „Ich träume von einer Epoche, in der Zusammenarbeit und Gemeinsamkeit diese Region, gesegnet mit den Fackeln der Erkenntnis und den Prinzipien des erhabenen Himmels, zum Leuchten bringen.“

Die Erfüllung seines Traumes erlebte er nicht mehr. Nagib Mahfuz starb 1996. 1994 hatte er einen islamistischen Mordanschlag überlebt. Ein Jahr später wurde Jitzchak Rabin, Israels Premier, wegen seiner Friedenspolitik von einem israelischen Extremisten ermordet.

Hoffentlich gibt es weiter auf beiden Seiten Menschen, die trotz Einschüchterung und Lebensgefahr für den Frieden unermüdet kämpfen. 60 Jahre nach der Gründung des Staates Israel möchte ich an die Vision glauben, die Mahfuz formulierte.

Aus dem Arabischen von Imke Ahlf-Wien
Der 1956 in Basra geborene Schriftsteller floh 1980 vor Saddam Hussein. Heute lebt er in Hamburg. Zuletzt erschien sein Roman "Jussifs Gesichter" (Hanser-Verlag). Zum Israel-Jubiläum unternahm er eine "Reise ins Herz des Feindes", so der Titel seines Buches, das im Herbst auf Deutsch, Englisch und Hebräisch erscheint.

Quelle: http://www.ksta.de/html/artikel/1209912074141.shtml

20. April 2008

Snooker again - remembering Paul Hunter....

Gerade hat die Snooker-WM wieder begonnen. Als leidenschaftlicher Snookerfan nutze ich jede Gelegenheit um zu schauen.

Dabei musste ich wieder an einen meiner Lieblingsspieler denken: Paul Hunter.

Er starb 2006 5 Tage vor seinem 28. Geburtstag an Krebs. Er hinterließ seine Frau und seine kleine Tochter.

13. April 2008

Beim PISA - Test wurde die Aufgabe gestellt: "Schreiben Sie bitte ihre eigene freie Meinung zum Thema Lebensmittelmangel in anderen Ländern auf!"
Afrikaner, Amerikaner, Deutsche, Lateinamerikaner und Chinesen wurden gefragt. Alle bekamen 0 Punkte, denn keiner verstand die Frage. Die Afrikaner hatten keine Ahnung, was Lebensmittel sind, die Amis wussten nicht, was "andere" Länder sind und die Deutschen verstanden Mangel nicht. Die Lateinamerikaner kapierten nicht, was man unter "bitte" verstehen soll und die Chinesen, last but not least, konnten sich nicht erklären, was eine "eigene, freie Meinung" ist!

16. März 2008

Remembering Larry Norman - He´s only visiting this Planet!

Am 24. Februar dieses Jahres ist Larry Norman gestorben. Oder heimgegangen, wie ich lieber sagen möchte. Vielen von Euch wird der Name nichts sagen, aber Larry Norman war einer der bedeutendsten Musiker der Gegenwart. Wer mehr über ihn wissen will ... www.larrynorman.com.
Am Tag bevor Larry starb hat er in seinem Blog folgendes veröffentlicht:

I feel like a prize in a box of cracker jacks with God's hand reaching down to pick me up. I have been under medical care for months. My wounds are getting bigger. I have trouble breathing. I am ready to fly home. I won't be here much longer. I can't do anything about it. My heart is too weak. I want to say goodbye to everyone. In the past you have generously supported me with prayer and finance and we will probably still need financial help. My plan is to be buried in a simple pine box with some flowers inside. But still it will be costly... However money is not really what I need, I want to say I love you. I'd like to push back the darkness with my bravest effort. There will be funeral information posted on my website, in case some of you want to attend. We are not sure of the date when I will die. Goodbye, farewell, we will meet again



Ich hab noch ein Zitat von Ihm gefunden, welches wohl vom Anfang dieses Jahres stammt:

Wenn wir jung sind und aufwachsen denken wir nicht an den Tod, wir denken: Sterben, das tut meine Großmutter oder der alte Mann am Ende der Straße. Aber der Tod kommt zu jedem von uns. Zu einem Zeitpunkt wo wir ihn nicht erwarten. Wir schauen nicht danach aus - und dann ist er da. Und oft sind die Menschen nicht bereit zu sterben. Sie sind unvorbereitet. Sie haben nicht an den Tod gedacht während sie zusammen lebten.
Aber ich hatte diese Möglichkeit, ich hatte 3 Herzattacken in den letzten ein einhalb Jahren.
Und so hatt ich viel Gelegenheit über Leben und Sterben nachzudenken; und darüber was wirklich wichtig ist.
Ich bin so froh, daß ich einige Zeit hatte mit Gott zu sprechen - und mit meinen Freunden zu reden.
Zeit darüber nachzudenken, was wichtig ist - und bereit zu sein für mein Ende. Meinen Tod. Wir sollten jeden Tag so leben, daß er der letzte sein könnte, denn er könnte es wirklich sein.